Scholz warf Merz im TV-Duell von ARD und ZDF erneut einen «Wortbruch» und einen «Tabubruch» vor, weil die Union im Bundestag ihren Fünf-Punkte-Plan zur Migration mit den Stimmen der Rechts-Aussen-Partei AfD durchgesetzt hat. Er traue dem CDU-Vorsitzenden zu, nach der Wahl eine Koalition mit der AfD einzugehen. «Das ist meine ernste Sorge.»
Das ist eine ernste Bedrohung für unsere Demokratie.
Merz wies das zurück: «Es wird diese Zusammenarbeit nicht geben», sagte er. «Wir werden das nicht tun, uns (Union und AfD) trennen in den Sachfragen Welten.» Er betonte zudem, dass die AfD unter Scholz um zehn Prozent an Wählerstimmen gut gemacht hat. «Das ist eine ernste Bedrohung für unsere Demokratie.»
Beim Thema Migration versprach Scholz für die Zeit nach der Wahl, einen «harten Kurs» fortzusetzen. Deutschland dürfe Gewalttaten wie die von Aschaffenburg nicht akzeptieren. «Wir können uns niemals abfinden mit solchen Taten und deshalb muss klar und entschieden gehandelt werden.»
Warum soll man so doof sein?
Die Pläne der Union zur Zurückweisung von Migranten an der Grenze wies Scholz erneut als rechtswidrig zurück und warnte vor einer «europäischen Krise». Er drängte Merz zudem dazu, dem von der Regierung vorgelegten Gesetz zur Umsetzung der europäischen Asylreform zuzustimmen. «Warum soll man so doof sein, dies nicht zu tun?», sagte er.
Merz warf Scholz vor, «weit über zwei Millionen irreguläre Migranten nach Deutschland» gelassen zu haben. Das entspreche mehr als den Einwohnern der Stadt Hamburg, so der CDU-Vorsitzende.
«Sie kriegen es in Ihrer Koalition nicht so hin, wie es notwendig wäre», hielt er Scholz vor. Der Kanzler nehme die Realität beim Thema Migration nicht mehr wahr. «Sie leben nicht in dieser Welt», sagte Merz. «Was Sie hier erzählen, ist ein Märchenschloss.»
Wirtschaft zweites grosses Streitthema
Auch in der Wirtschaftspolitik gerieten Scholz und Merz aneinander. Merz warf Scholz eine gestörte Wahrnehmung bei der krisenhaften Lage der deutschen Wirtschaft vor.
Das hat nichts mit Realität zu tun.
«Ich bin einigermassen erschüttert, mit welcher Wahrnehmung Sie hier heute Abend den Zustand unserer Wirtschaft beschreiben», sagte der Kanzlerkandidat der Union. Er fügte direkt an den Kanzler gewandt hinzu: «Das hat mit der Realität da draussen – ehrlich, Herr Scholz – gar nichts zu tun.»
Scholz hatte zuvor erklärt, es gebe in Deutschland keine Deindustrialisierung. Merz hielt Scholz entgegen, es gebe im Land eine Insolvenzwelle wie nie in den letzten 15 Jahren. «50'000 Unternehmen sind in Ihrer Amtszeit in Deutschland in die Insolvenz gegangen, fast die Hälfte davon im letzten Jahr», sagte Merz.
Es ist was los.
Der Bundeskanzler räumte ein: «Es ist was los und wir müssen was tun.» Scholz verwies aber unter anderem auf eine steigende Zahl von Erwerbstätigen. Zudem gebe es in Deutschland die zweitniedrigste Arbeitslosigkeit unter allen wirtschaftsstarken Demokratien der G7-Gruppe.
Scholz trat in dem Duell deutlich aggressiver auf als Merz, nannte dessen Äusserungen mehrfach «lächerlich» und warf ihm vor, «Sprechblasen» vorzutragen.
Trotz aller Härte gab im Duell aber auch einen versöhnlichen Moment. Merz sagte, er habe Scholz nicht übel genommen, dass er ihn zu Beginn des Wahlkampfs mal als «Fritze Merz» bezeichnet habe. Am Schluss verabschiedeten sich beide Kontrahenten per Handschlag.