Einstimmig und unter donnerndem Applaus haben die Delegierten der AfD die Parteivorsitzende, Alice Weidel, zu ihrer Kanzlerkandidatin für die Bundestagswahl gemacht.
Auch die SPD und die CDU tagten.
Olaf Scholz wurde als Kanzlerkandidat seiner Partei nominiert.
Der Co-Vorsitzende der AfD, Tino Chrupalla, hatte zuvor mit Blick auf aktuelle Umfragen an die knapp 600 Delegierten im sächsischen Riesa appelliert: «Jetzt müssen wir die 20-Prozent-Marke hinter uns lassen und weiter klettern», mit dem Ziel, Weidel auch zur Bundeskanzlerin zu machen. Er selbst halte dafür der «Frontfrau den Rücken frei».
Zur Kanzlerkandidatin wurde die 45-Jährige per Akklamation durch Aufstehen gekürt.Begleitet von einer Lichtshow, lauter Musik und Jubel betrat Weidel anschliessend die Bühne, zeichnete ein düsteres Bild von der Lage in Deutschland und zählte die Positionen der AfD im Wahlkampf auf.
Weidel: «Deutschland wieder reich machen»
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Weidel sagte vor den rund 600 Delegierten, von denen viele Deutschlandfähnchen schwenkten, es brauche die AfD, um Deutschland «wieder stark, reich und sicher» zu machen. Man müsse die Grenzen lückenlos schliessen und die Botschaft in die Welt senden: «Die deutschen Grenzen sind dicht.»
Sie warf der Union vor, vom AfD-Wahlprogramm abzuschreiben und schmähte die CDU als «Betrügerpartei», die man überholen müsse. Die AfD-Spitzenfrau machte ausserdem deutlich, dass sie mit dem Begriff «Remigration» kein Problem hat. Tosenden Beifall gab es für ihren Ausruf: «Wenn wir am Ruder sind, wir reissen alle Windkraftwerke nieder. Nieder mit diesen Windmühlen der Schande.»
Der Parteitag begann mit mehr als zwei Stunden Verspätung. Wegen zahlreicher Blockaden von Zufahrtswegen durch Gegendemonstranten verzögerte sich die Anreise vieler der rund 600 Delegierten. Die Organisatoren der Proteste sprachen von 12'000 Teilnehmern, die Polizei von 10'000.
Inhaltlich geht es bei dem zweitägigen Parteitag um das Wahlprogramm der AfD für die Bundestagswahl. Ein Entwurf liegt vor. Darin werden etwa Forderungen nach einem Austritt aus der EU, dem Euro und dem Pariser Klimaabkommen erhoben. Mehrere Punkte sind noch strittig. Es gibt zahlreiche Änderungsanträge u.a. bei der Aussen-, Energie-, Migrations- und Familienpolitik.
«Patriotische Jugend» statt «Junge Alternative»
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Ein kontroverser Punkt auf der Tagesordnung dreht sich zudem um den AfD-Nachwuchs: Die AfD-Spitze will die Jugendorganisation «Junge Alternative» (JA), die der Verfassungsschutz als «gesichert extremistische Bestrebung» einstuft, durch eine neue Organisation mit dem Namen «Patriotische Jugend» ersetzen, die enger an die Partei gebunden ist.
Durch die Reform erhofft sich die AfD-Spitze nach eigener Aussage mehr Durchgriff etwa bei Fehlverhalten. Experten sehen als Motivation auch, dass die AfD-Jugend, wenn sie kein eigenständiger Verein mehr ist, besser vor einem Verbot geschützt wäre.
Scholz: «Es geht um verdammt viel»
Auch die Sozialdemokraten hielten in Berlin ihren Sonderparteitag ab. Dabei wurde Regierungschef Olaf Scholz als Kanzlerkandidat bestätigt und das Wahlprogramm der SPD verabschiedet.
Scholz schwor seine Partei auf eine Aufholjagd in der heissen Phase des Wahlkampfes ein: «Es geht um verdammt viel», sagte Scholz in seiner 51-minütigen Rede. «Wir streiten dafür, die Erfolgsmarke «Made in Germany» zu bewahren und zu erneuern – für die ganz normalen Leute in unserem Land. Also, kämpfen wir.» Die 600 Delegierten feierten ihn stehend mit sechseinhalb Minuten Applaus.
Richtungsentscheidung zwischen SPD und Union
Die Sozialdemokraten wollen bei der Bundestagswahl am 23. Februar wieder stärkste Partei werden, haben derzeit in den Umfragen aber einen Rückstand von 13 bis 20 Prozentpunkten auf die führende Union und liegen auch hinter der AfD auf Platz drei. Scholz zeigte sich trotzdem zuversichtlich, dass die Trendwende noch gelingen kann. «Winterwahlkämpfe können ein gutes Ende haben», sagte er. In Hamburg habe er sich zweimal im Februar zur Wahl gestellt und gewonnen. «Ich finde, das macht Mut in dieser Zeit.»
CDU/CSU an der Spitze
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Die Bundestagswahl ist für den 23. Februar terminiert. In Umfragen liegen die Sozialdemokraten nach wie vor weit hinter der CDU/CSU. Gemäss ZDF-Politbarometer kommt die Union zurzeit auf 30 Prozent (-1 Prozentpunk). Die AfD gewinnt zwei Prozentpunkte dazu und liegt bei 21 Prozent. Die Grünen erreichen 15 Prozent (+1) , die SPD 14 Prozent (-1). FDP, Linke und BSW können jeweils nur mit 4 Prozent rechnen und würden damit die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug in den Bundestag nicht schaffen.
Scholz wertete die Wahl als Richtungsentscheidung zwischen SPD und Union. «Wir stehen in Deutschland tatsächlich an einem Scheideweg», sagte er. «Die nächsten 10 Jahre werden entscheidende Jahre.» Wenn Deutschland am 23. Februar falsch abbiege, «dann werden wir in einem anderen Land aufwachen». Auf harsche Kritik an dem früheren Koalitionspartner FDP oder an den Grünen verzichtete der Kanzler diesmal weitgehend.
Merz: «Wir brauchen grundlegenden Wechsel»
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Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz wirbt für deutliche Kurskorrekturen der deutschen Politik nach der Bundestagswahl. «Wir brauchen einen wirklich grundlegenden Wechsel in wesentlichen Teilen der Politik», sagte der CDU-Chef zum Abschluss einer Klausurtagung des CDU-Vorstands in Hamburg. Das betreffe Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Migrationspolitik, innere Sicherheit und auch einige Bereiche der Aussen- und Sicherheitspolitik.
Merz betonte mit Blick auf die anlaufende heisse Wahlkampfphase, er gehe «sehr, sehr zuversichtlich» aus der Klausurtagung. «Wir sind bereit, die Verantwortung für unser Land zu übernehmen. Wir wissen aber auch, dass es so wie in den letzten drei Jahren nicht weitergehen kann.» Zur Frage von Optionen für oder gegen bestimmte Koalitionspartner sagte der CDU-Chef, die Union führe keinen Wahlkampf gegen irgendjemanden, sondern «für uns».
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