Darum geht es: Das Jahr 2023 war das wärmste je gemessene Jahr – gemäss den offiziellen Zahlen des europäischen Wetterdienstes «Copernicus». Seit Juni letzten Jahres war jeder einzelne Monat der wärmste je gemessene Monat. Insgesamt war das Jahr 2023 demnach 1.48 Grad wärmer als im weltweiten vorindustriellen Mittel. Es sei sogar wahrscheinlich, dass die Temperaturen 2023 wärmer gewesen seien als jemals in den vergangenen 100'000 Jahren, hiess es von «Copernicus» weiter. Schon vorher klar war, dass 2023 das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen 1850 sein würde.
Sehr warme Meeresoberflächen: Eine entscheidende Ursache für die ungewöhnlich hohen Lufttemperaturen letztes Jahr waren die beispiellos hohen Oberflächentemperaturen der Ozeane, so «Copernicus». Hauptgrund für die warmen Meere sei der anhaltende Anstieg der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre. Ein weiterer Faktor sei das periodisch wiederkehrende Wetterphänomen El Niño, das im vergangenen Jahr begann. Es heizt alle paar Jahre den Pazifik am Äquator auf. «Vor allem im tropischen Pazifik führte dies zu Rekordtemperaturen», sagt der Klimaforscher Thomas Frölicher von der Universität Bern.
Unerklärbares Phänomen: Dass durch El Niño die Meerestemperaturen im äquatorialen Pazifik ansteigen, sei normal, sagt Frölicher. «Wieso auch die Meeresoberflächentemperatur im Nordatlantik sehr hoch war, ist allerdings unklar.» Die Klimawissenschaft versuche immer noch herauszufinden, was hier vorgehe. Möglicherweise habe die Erwärmung mit veränderten Windverhältnissen zu tun. «Normalerweise mischen kräftige Westwinde das Wasser an der Oberfläche mit kaltem Tiefenwasser. Das war 2023 weniger der Fall», so Frölicher. Andere Gründe könnten ein Rückgang des Stickoxidausstosses durch die Meeresschifffahrt oder weniger Saharastaub über dem Meer sein. Dadurch wurde womöglich weniger Sonnenstrahlung ins Weltall zurückgespiegelt, was zu einer stärkeren Erwärmung in der unteren Atmosphäre führte.
Links zum Thema:
- Homepage von «Copernicus» – dem Klimawandeldienst der Europäischen Union Homepage von «Copernicus» – dem Klimawandeldienst der Europäischen Union
- Beim «Climaterealanyzer» der Universität Maine finden Sie eine grosse Anzahl Karten und Daten zu Wetter und Klima Beim «Climaterealanyzer» der Universität Maine finden Sie eine grosse Anzahl Karten und Daten zu Wetter und Klima
- Hier finden Sie die aktuelle weltweite durchschnittliche Meeresoberflächentemperatur («Climatereanalyzer») Hier finden Sie die aktuelle weltweite durchschnittliche Meeresoberflächentemperatur («Climatereanalyzer»)
Kein Ende in Sicht: Fachleute halten es durchaus für möglich, dass 2024 noch wärmer wird und das Gesamtjahr erstmals die 1.5 Grad-Schwelle reissen könnte. Das würde aber noch nicht heissen, dass das Pariser 1.5-Grad-Ziel verfehlt ist. Denn dafür wird auf längerfristige Durchschnittswerte geschaut. Immerhin: «Die extremen Ereignisse, die wir in den letzten Monaten beobachtet haben, sind ein dramatisches Zeugnis dafür, wie weit wir uns von dem Klima entfernt haben, in dem unsere Zivilisation bisher florierte», sagte «Copernicus»-Direktor Carlo Buontempo. Und: Angesichts des weiter wachsenden Klimagasausstosses werde das Rekordjahr 2023 in ein paar Jahren wohl als vergleichsweise kühles Jahr gelten.
Weltweit wärmer als 2016: Die globale Durchschnittstemperatur betrug im letzten Jahr «Copernicus» zufolge 14.98 Grad Celsius. Sie lag damit 0.17 Grad höher als im bisherigen Rekordjahr 2016. Zugleich habe 2023 zum ersten Mal jeder Tag des Jahres mindestens ein Grad über dem vorindustriellen Niveau gelegen – an zwei Tagen im November waren es sogar mehr als zwei Grad. Dabei erlebte Europa das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, ebenso die Schweiz: Nach Angaben des Bundesamts für Meteorologie (Meteoschweiz) lag die landesweite mittlere Jahrestemperatur bei 7.2 Grad. Noch wärmer war in der Schweiz nur das Jahr 2022.