Die Meeresoberflächen weltweit sind derzeit deutlich wärmer als im langjährigen Durchschnitt. Anfang April erreichte die Durchschnittstemperatur den Rekord von 21.1 Grad, wie die Universität von Maine berechnete. Seither ist die Temperatur nicht mehr unter 21 Grad gesunken, was dem bisherigen Rekord aus dem Jahr 2016 entspricht. Die Folgen könnten schwerwiegend sein, sagt Thomas Frölicher von der Universität Bern.
SRF News: Was führt zu den aktuellen Rekordwerten?
Thomas Frölicher: Der wichtigste Faktor ist die menschengemachte Klimaerwärmung. Dadurch steigt die Temperatur im Ozean immer mehr an – und jetzt messen wir eine neue Rekordtemperatur. Etwas überraschend ist, dass die Oberflächentemperatur nach dem Peak Ende März nicht wieder etwas abgenommen hat, wie wir das erwarten würden.
Die La-Niña-Phase ist zu Ende – jetzt geht es in eine El-Niño-Phase rein.
Warum sinkt die Temperatur nicht wieder etwas ab?
Das können wir noch nicht genau sagen. Sicher ist: Die letzten drei Jahre waren durch La Niña geprägt, was den Anstieg der globalen Mitteltemperatur an der Meeresoberfläche eher gedämpft hat – trotz des weiterhin zunehmenden Ausstosses an Treibhausgasen.
Die La-Niña-Phase ist jetzt zu Ende und es geht in eine El-Niño-Phase rein. Dadurch erwarten wir eine stärkere Zunahme der Temperatur des Oberflächenwassers der Weltmeere.
Welche Folgen haben die höheren Temperaturen der Ozeane?
Mit der Erwärmung der Ozeane steigt auch der Meeresspiegel, weil sich das Wasser mit der zunehmenden Temperatur ausdehnt.
Wärmeres Meerwasser könnte das Abschmelzen des Eises an den Polen beschleunigen.
Wärmeres Meerwasser könnte auch das Abschmelzen des Eises an den Polen beschleunigen. Ausserdem spielt die Temperatur eine wichtige Rolle in der Biologie und Ökologie von Meeresorganismen. Entsprechend gross können die Auswirkungen von höheren Wassertemperaturen auf maritime Ökosysteme sein.
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- Hier finden Sie die aktuelle weltweite durchschnittliche Meeresoberflächentemperatur Hier finden Sie die aktuelle weltweite durchschnittliche Meeresoberflächentemperatur
Was heisst das konkret?
Es kann zu Korallenbleichen kommen – wie 2016, als die Temperatur im tropischen Pazifik extrem hoch war. Es kann auch zu einem Verlust von Seegräsern oder Kelpwäldern kommen. Maritime Hitzewellen können sogar zum Aussterben gewisser Seevögel oder Organismen führen.
Ist die aktuell hohe Meerestemperatur ein Hinweis, dass möglicherweise ein unumkehrbarer Kipppunkt erreicht ist?
Nein, es gibt keine Anzeichen, dass ein gewisser Kipppunkt überschritten wird. Aber je wärmer es wird, desto grösser wird die Wahrscheinlichkeit, dass solche Kipppunkte erreicht werden.
Welchen Einfluss haben höhere Meerestemperaturen für das Leben an Land?
Der Ozean bedeckt 70 Prozent der Erdoberfläche. Wenn er also warm ist, wird auch die Atmosphärentemperatur wärmer. Damit sind die Chancen relativ hoch, dass es dieses Jahr zu einem neuen Temperatur-Rekordjahr kommt.
Die Chancen sind relativ hoch, dass es dieses Jahr zu einem neuen Temperatur-Rekordjahr kommt.
Das wiederum kann zu Hitzewellen, Trockenheit und all den anderen Dingen führen, die wir in den letzten Jahren bereits erlebt haben.
Sind auch heftigere Stürme und Zyklone möglich?
Auf jeden Fall. Je höher die Temperaturen, desto mehr Energie ist im System, es verdunstet mehr Wasser, was zu starken Stürmen führen kann.
Wasser erwärmt sich langsamer als Luft oder Land, reagiert also träger auf Erwärmung. Was bedeutet das für die aktuelle Situation?
Eine Anomalie in der Ozean-Temperatur hält länger an, als dies in der Atmosphäre der Fall ist. Man kann also davon ausgehen, dass die Meeresoberflächen-Temperatur noch längere Zeit extrem hoch bleibt und nicht so schnell wieder zurückgeht.
Das Gespräch führte Christina Scheidegger.