Im Bundesstaat Puebla, im zentralen Hochland Mexikos, stösst der Vulkan Popocatépetl Rauch und Asche aus, und das seit Wochen. Für die 25 Millionen Menschen, die im Einzugsgebiet des Vulkans leben, wurde die Gefahrenstufe noch einmal erhöht. Die Journalistin Sandra Weiss lebt seit zehn Jahren in der Stadt Puebla und gibt einen Einblick in das Leben mit dem Ascheregen.
SRF News: Wie sieht die Lage in Puebla aktuell aus?
Sandra Weiss: Wenn ich aus dem Fenster schaue, ist alles von einer weisslich-grauen Staubschicht bedeckt. Man könnte es auf den ersten Blick für Schnee halten, aber das ist alles Asche. Man sieht zum Teil auch, wie die Asche in kleinen glitzernden Flöckchen vom Himmel herunterregnet. Es ist alles ein bisschen surreal.
Was bedeutet das für die Menschen im Alltag? Wie müssen sie sich verhalten?
Die Behörden haben Empfehlungen abgegeben, dass man sich möglichst nicht draussen aufhalten soll. Der Sportclub hier gegenüber, wo normalerweise immer viel los ist, ist verwaist. Auch die Schulen haben umgestellt: Die Kinder werden per Zoom oder Teams unterrichtet, weil Kinder besonders darunter leiden, wenn sie diesen Staub einatmen. Ansonsten geht das Leben aber einigermassen normal weiter. Alles, was drinnen stattfindet, ist nicht weiter problematisch.
Der Popocatépetl ist einer der aktivsten Vulkane der Welt. Was ist das Spezielle an dieser Eruption?
Es ist die Eruption, die bisher am längsten dauert und auch am permanentesten Asche regnen lässt. Ich habe vorhin auf dem Markt mit einem Bauern gesprochen. Er hat gesagt, sie seien nun seit 33 Tagen dabei, die Asche von den Obstbäumen zu schütteln.
Bei der nächsten Gefahrenstufe werden die ersten Dörfer evakuiert.
Die längste Periode, an die er sich erinnern kann, waren 16 Tage. Die Behörden haben deshalb auch die Gefahrenstufe auf die letzte orange Stufe erhöht. Die nächste Phase wäre die erste rote Phase, und dann würden bereits die ersten Dörfer evakuiert.
Das klingt einigermassen bedrohlich. Wie gross ist denn die Gefahr, die von dem Vulkan im Moment ausgeht?
Der Vulkan wird permanent von ungefähr einem Dutzend Wissenschaftlern überwacht. Im Moment sind die Reaktionen des Vulkans noch normal und nichts deutet darauf hin, dass ein riesiger Ausbruch kurz bevorsteht. Aber sie raten auch dazu, wachsam zu sein.
Und wie ist die Stimmung in der Bevölkerung?
Das Einzugsgebiet des Popocatépetl ist seit Jahrtausenden besiedelt. Man hat eine Tradition, mit dem Vulkan zu leben und ihn zu respektieren. Man arrangiert sich mit ihm und diesem Ascheregen. Das gehört dazu. Bislang ist die Stimmung in meinem Bekanntenkreis relativ gelassen. Sie sagen sich, dass das normal sei und man sich mit dem momentanen Ascheregen arrangieren müsse.
Wie sieht es aus mit dem Krisenmanagement der Behörden?
Die mexikanischen Behörden haben durchaus Erfahrung damit. Es gab in der Vergangenheit schon Momente, wo evakuiert werden musste. Aber: Bei 25 Millionen Menschen im Einzugsgebiet würde natürlich Chaos ausbrechen, wenn der Vulkan wirklich katastrophal ausbrechen würde. Ich hoffe aber, dass die Eruptionen in dem Bereich bleiben, den man managen kann.
Und wie bereiten Sie persönlich sich auf den Fall der Fälle vor?
Ich habe meinen Notfallrucksack mit allem Wichtigen gepackt. Müsste es Hals über Kopf losgehen, schmeisse ich den ins Auto. Ich habe mir schon eine Route überlegt, von der ich hoffe, dass sie dann nicht völlig überlaufen ist. Viel mehr kann man im Moment nicht machen.
Das Gespräch führte Amir Ali.