Sineeporn Phantawong spricht mit gesenkter Stimme. Die Chefin des «One Workspace» entschuldigt sich auch gleich bei ihren Kundinnen für die Störung. Diese sitzen mit aufgesetzten Kopfhörern konzentriert vor ihren Computern und scheinen die kleine Führung gar nicht mitzubekommen.
Die Kundschaft sei sehr international, schwärmt Sineeporn. Vor drei Jahren hat die Anwältin zusammen mit Bekannten den «One Workspace» eröffnet. Auf zwei Etagen gibt es rund 50 individuelle Arbeitsplätze, Sitzungszimmer und kleine Rückzugskabinen.
Digitale Nomaden sind hier hochwillkommen, sagt Sughrit Kraseirsook von der Handelskammer in Chiang Mai. In den frühen 2010-Jahren seien die ersten digitalen Nomaden nach Chiang Mai gekommen.
«Die digitalen Nomaden haben eine höhere Kaufkraft als die lokale Bevölkerung, die in der lokalen Währung verdient», erklärt Sughrit. Die Viertel, in denen die Nomaden leben und arbeiten, spürten dies.
Kritik an den Nomaden gebe es in Chiang Mai dagegen so gut wie keine. Chiang Mai verstehe sich ohnehin als Touristenort, sagt Professor Daniel Schlagwein, Experte für digitale Nomaden an der Universität Sydney.
Digitale Nomaden – beliebt, da kaufkräftig
Schlagwein beschäftigt sich mit dem Einfluss digitaler Nomaden auf die lokale Bevölkerung. Von all den Besucherinnen und Besuchern, sagt er, gehörten die digitalen Nomaden in Thailand zu den beliebtesten.
Die digitalen Nomaden blieben in der Regel länger und würden mehr Geld ausgeben als gewöhnliche Touristen. Ausserdem würden sie nicht vorab Touren und Hotels bei internationalen Anbietern, sondern lokale Unterkünfte buchen. Genaue Zahlen, wie viele digitale Nomaden nach Chiang Mai kämen, habe man nicht, sagen sowohl Schlagwein als auch die Handelskammer. Denn bislang kamen diese als Touristen ins Land.
Das soll sich jetzt ändern. Im Juli lancierten die thailändischen Behörden ein neues Visum für digitale Nomaden. Bei der staatlichen Tourismusbehörde Thailands in Bangkok verspreche man sich viel davon, erklärt Regional-Direktorin Titiporn Manenate.
Die digitalen Nomaden würden nicht nur länger im Land bleiben als gewöhnliche Touristen, erklärt sie, sondern sie kämen auch in der Nebensaison, also auch in der Regenzeit.
Ich liebe Chiang Mai! Es ist eine Stadt, in der ich bereit bin, länger zu bleiben – sicher mehrere Monate im Jahr.
Im gemütlich eingerichteten Café im Gemeinschaftsraum sitzt Nadia. Sie ist 30 Jahre alt und stammt aus Russland. Nadia arbeitet im Finanzsektor in Dubai. Dort verbringt sie so wenig Zeit wie möglich. Dubai möge sie gar nicht, sagt sie. Alles sei so künstlich dort. Das Leben sei ausserdem sehr teuer.
Sie habe nach den beliebtesten Städten für digitale Nomaden gegoogelt. «Wo es sich am besten lebt, wo es günstig ist und wo die Internetverbindung schnell ist, Chiang Mai war auf Platz eins.» Sie sei nicht enttäuscht worden, sagt Nadia. Die Natur, die Berge rundherum – ihr gefalle es hier sehr. Ausserdem profitiert sie von der Zeitzone. Sie möge früh am Morgen nicht arbeiten, sagt Nadia. Ihr Arbeitstag beginnt erst am Nachmittag.
«Ich liebe Chiang Mai! Es ist eine Stadt, in der ich bereit bin, länger zu bleiben – sicher mehrere Monate im Jahr», sagt Nadia. Mit einer Ausnahme: In der Smog-Zeit im März sei es ziemlich eklig. Dann nämlich, wenn die Bauern in der Region ihre Felder abbrennen, und die Luftverschmutzung stark ansteigt. Sie versuche dann, auf Reisen zu gehen. Als digitale Nomadin ist sie flexibel.