Darum geht es: Der Dalai Lama, das geistige Oberhaupt der Tibeter, hat aktuell hohen Besuch: Eine Delegation des US-Kongresses ist bei ihm zu Gast im indischen Exil. Seit China Tibet in den 50er-Jahren eingenommen hat, lebt das buddhistische Oberhaupt dort im Exil. Der Leiter der US-Delegation erklärte, dass Präsident Biden bald ein Gesetz unterzeichnen werde, welches China zur Beilegung des Tibet-Konflikts dränge.
Diskussion um Nachfolge des Dalai Lama: Der Dalai Lama feiert am 6. Juli seinen 89. Geburtstag. Die Diskussion um seine Nachfolge hat aber längst begonnen. «Auf politischer Ebene hat er bereits 2011 seine Macht abgegeben», erklärt SRF-Religionsredaktorin Léa Burger. Seither gebe es ein gewähltes Parlament. «Gleichwohl ist der Dalai Lama nach wie vor eine wichtige Figur auf dem politischen Parkett. Das zeigt nun auch dieser Besuch der US-Delegation von hohen Abgeordneten.» In Bezug auf seine Reinkarnation und spirituelle Nachfolge habe sich der Dalai Lama einst diesbezüglich geäussert, dass er sich mit 90, also in einem Jahr, zu seiner Nachfolge äussern möchte.
Hier hat der Dalai Lama neue Töne angeschlagen.
Wer könnte auf den Dalai Lama folgen? Bereits in der Vergangenheit hat das buddhistische Oberhaupt verschiedene Möglichkeiten für seine Nachfolge kurz angetönt. «Beispielsweise hat er gesagt, dass ihn sogar eine Frau beerben könnte», so Burger. Eine weitere Möglichkeit sei die Volkswahl. «Beide Vorschläge sind ungewöhnlich und entsprechen nicht der bisherigen Tradition.» Normalerweise seien es Männer und das Auswahlverfahren kompliziert. «Hier hat der Dalai Lama neue Töne angeschlagen.»
Die Rolle Chinas bei der Nachfolge: China hat Tibet 1950 besetzt und betrachtet es seither als sein eigenes Territorium. Deshalb will China die Nachfolge des Dalai Lama selbst regeln. «In diesem chinesisch-tibetischen Zusammenspiel kam bereits früher einmal eine sogenannte goldene Urne zum Zug.» Eine Art Losverfahren, um die Reinkarnation des nächsten Dalai Lama zu bestimmen. China argumentiert heutzutage, dass auf diese Art und Weise eine missbräuchliche Wahl verhindert werden könnte. «De facto ist es aber genau umgekehrt: dass also China versucht, Einfluss auf die Wahl zu nehmen», so Burger. Diese Einflussnahme Chinas bei anderen wichtigen Figuren war auch bei der Wahl des Panchen Lama zu beobachten. «Da hat China die offizielle Nachfolge selbst bestimmt.»
Die Rolle des Panchen Lama: 1995 wurde der elfte Panchen Lama entführt und bis heute fehlt jede Spur von ihm. Nach der Entführung wurde vonseiten Chinas ein eigener Nachfolger bestimmt, ein neuer Panchen Lama, der China gegenüber positiv eingestellt ist. «Wenn es um die Findung der Reinkarnation des Dalai Lama geht, dann kommt dem Panchen Lama eine wichtige Rolle zu», erklärt die Expertin. Dieser bestätigt diese Reinkarnation, genauso wie auch umgekehrt. Traditionsgemäss geben sich die beiden zudem gegenseitige religiöse Unterweisung und haben ein Lehrer-Schüler-Verhältnis. «Das Ganze zeigt: Um in Tibet Einfluss zu haben, ist der Panchen Lama eine ganz zentrale Figur», so Burger.