Afrika ist an Militärputsche gewöhnt. Nirgendwo sonst wurden so viele Staatsstreiche verübt wie auf diesem Kontinent. Der jüngste Streich: In Guinea entmachtete eine Militärjunta vergangene Woche Präsident Alpha Condé.
Und dennoch sah es in jüngster Zeit nach Besserung aus. Waren es in den ersten vier Jahrzehnten nach der Unabhängigkeit im Schnitt noch vier Putsche pro Jahr, so sank diese Zahl in den letzten zwanzig Jahren auf «nur» noch zwei.
Viele sind enttäuscht von der Demokratie.
Der Grund: Das Volk habe vermehrt aktiv Demokratie eingefordert, meint David Zounmenou vom afrikanischen Institut d’études de sécurité. Doch leider sei die Demokratisierung nur begrenzt vorangekommen. «So konnten viele Menschen die Früchte der Demokratie nicht ernten, darum sind viele enttäuscht von ihr.» Denn auch wenn die Bürgerinnen und Bürger bestimmen können, wer regiert, haben die Gewählten noch lange nicht geliefert, was sie versprochen haben. Der Staat ist schwach und liefert nicht, was er sollte: Bildung, Gesundheit, Sicherheit, Arbeitsplätze – ja nicht einmal genug zu essen gibt es für viele.
Kommt hinzu, dass gewählte Machthaber dafür sorgen, dass alle anderen vom politischen Leben ausgeschlossen werden. Vielerorts werden Opposition und Zivilgesellschaft unterdrückt. Das sorgt zusätzlich für Unmut. Und wenn sich die Gewählten selber nicht an die Gesetze halten, ist ein Putsch ein willkommenes Mittel, um die unliebsamen Regierungschefs loszuwerden.
Applaus für die Putschisten
So geschehen dieses Jahr in Mali und in Guinea. Dort waren die Präsidenten unbeliebt, respektierten die Verfassung nicht und hielten ihre Versprechen nicht. Das Volk ging auf die Strasse, um sie loszuwerden. Doch die Regime unterdrückten jegliche Opposition.
Beider Orts wurden die Putschisten mit Applaus willkommen geheissen. Und weil die Institutionen von den Präsidenten davor jahrelang ausgehöhlt worden waren, stiessen die Militärs auch auf keinerlei Widerstand. Das macht Staatsstreiche einfach.
Es fehlt an Zusammenhalt
Dabei hilft es nicht, dass die regionalen Mächte verhältnismässig sanft auf Putsche reagieren. Allen voran die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft, die stets als Garantin für Demokratie in der Region gegolten hatte, meint die Sicherheitsexpertin Mariame Sidibé von der Universität Bamako: «Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft, kurz CEDEAO, wird kritisiert, weil sie nicht hart genug durchgriff. Wenn wir eine stärkere Regionalgemeinschaft hätten, gäbe es wohl auch weniger Putsche.»
Wenn wir eine stärkere Regionalgemeinschaft hätten, gäbe es wohl auch weniger Putsche.
So schwieg die Wirtschaftsgemeinschaft, als in Guinea der Präsident die Verfassung änderte, um ein drittes Mal antreten zu können – mit ein Grund für den Putsch. Und in Mali akzeptierte die CEDEAO die Verzögerung der Junta für die Durchführung von Neuwahlen. Zudem dürften die Militärs zu Staatsstreichen animiert werden, weil sie oft vom Volk bejubelt werden. Der Jubel dauere allerdings nicht lange an, so Mariame Sidibé: Die Leute würden bald verstehen, dass die Junta mit denselben Problemen zu kämpfen hat wie die gewählten Politiker vor ihnen.
Den Menschen geht es auch mit einer Militärregierung nicht besser
So ist es derzeit in Mali. Mehr als ein Jahr nach dem Putsch ist nicht klar, ob die Macht zu versprochener Zeit an die Zivilisten zurückgegeben wird. Den Menschen geht es unter der Militärregierung nicht besser als davor.
Ein Staatsstreich dauert oft wenige Stunden. Einen funktionierenden Staat und eine Demokratie aufzubauen Jahrzehnte. Doch es scheint, dass derzeit die Geduld dafür in Westafrika fehlt.