3.8 Millionen Dopingpräparate und gefälschte Medikamente und 24 Tonnen Steroidpulver: Das hat die europäische Polizeibehörde Europol bei der grossangelegten Razzia «Operation Viribus» in mehreren Ländern beschlagnahmt. Sie arbeitete dabei mit 34 Ländern zusammen – darunter auch die Schweiz.
Auch hier wird mit Anabolika und anderen muskelaufbauenden Mitteln gehandelt. Dass dabei Gefängnisstrafen drohen, wissen die meisten nicht, sagt Beat Steiner von Antidoping Schweiz.
SRF News: Wie viele Hobbysportler dopen sich in der Schweiz?
Beat Steiner: Der Konsum ist gerade im Fitness- und Bodybuildingbereich verbreitet. Das wissen wir aus verschiedenen europäischen Studien. Zehn bis zwanzig Prozent der Fitnesscenter-Besucher konsumieren solche Substanzen. Für die Schweiz gibt es keine entsprechenden Zahlen. Aber es gibt auch keine Hinweise, dass es hierzulande deutlich anders wäre.
Die Dopingsubstanzen werden häufig unter hygienisch bedenklichen Umständen hergestellt.
Was sind die Folgen für Breitensportler, wenn sie solche Mittel einnehmen?
Einerseits gibt es Nebenwirkungen auf die inneren Organe und die Fortpflanzungsfähigkeit. Andererseits werden diese Produkte häufig unter hygienisch bedenklichen Umständen hergestellt, weil es eben ein Untergrundmarkt ist. Damit kommen gesundheitliche Risiken aufgrund der Produktion hinzu.
Wie fliessend ist die Grenze zwischen Medikamenten und illegalen Substanzen?
Die Grenze ist eigentlich sehr eindeutig. Die Liste der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) definiert klar, welche Wirkstoffe verboten sind. Andererseits weiss man aus Studien, dass bei Personen, die Supplemente einnehmen, auch die Bereitschaft steigt, zu harten Dopingsubstanzen zu greifen. Insofern gibt es einen fliessenden Übergang.
Die Liste von Anti-Doping Schweiz
Beim heutigen Gesundheits- und Schönheitskult – wie stark ist das Risiko gestiegen, solche Mittel zu nehmen?
Dazu gibt es keine gesicherten Studien. Aber es liegt auf der Hand, dass je mehr Leute nach einem perfekten Körper streben und diese Ideale auch vor Augen geführt bekommen, desto grösser ist die Versuchung, sich mit Hilfsmitteln zu versorgen, um diesem Ideal schneller entsprechen zu können.
Auch Junge greifen vermehrt zu solchen Mitteln, auch in jüngeren Teenagerjahren. Wo kann man bei der Prävention ansetzen?
Das Thema hat sehr viele Parallelen zu Tabak- und Alkoholkonsum oder dem Umgang mit sozialen Medien. Das sind grundsätzliche Lebenskompetenzen: dass man eben auch vorsichtig ist beim Konsum solcher Substanzen.
Wie stark sind sich die Menschen, die dopen, bewusst, dass sie etwas Illegales tun?
Bei Leuten, die nicht im organisierten Sport sind, also an keinen Wettkämpfen teilnehmen, ist der Konsum in der Schweiz nicht verboten. Wenn ich im Fitnesscenter verbotene Substanzen zu mir nehme, ist das nicht strafrechtlich relevant – die Herstellung und der Handel damit aber schon. Dieses Bewusstsein ist sicher nicht ausreichend vorhanden – dass, wenn jemand Anabolika in der Garderobe verkauft, durchaus mit einer Gefängnisstrafe zu rechnen ist.
Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.