In Europa herrscht Krieg. Und auch das Blutvergiessen in Nahost dauert unvermindert an. Dabei geht fast vergessen, dass auch an anderen Orten der Welt die Waffen sprechen – so etwa im Sudan. Seit bald einem Jahr bekämpfen sich dort die Armee des Militärherrschers Abdel Fattah al-Burhan und die RSF-Miliz.
Jetzt warnt die UNO: Der Konflikt habe bereits die weltweit grösste Vertreibungskrise ausgelöst. Nun drohe er auch zur weltweit grössten Hungerkrise zu werden.
Über 40 Länder, darunter die Schweiz, fordern einen Waffenstillstand im Sudan für die Zeit des Ramadans. Und auch der UNO-Sicherheitsrat ruft die sudanesische Armee dazu auf, humanitäre Hilfe über die Frontlinie zuzulassen. Doch das Gegenteil ist eingetreten: Die Kämpfe zwischen der Armee und den Paramilitärs haben zugenommen – die ohnehin prekäre humanitäre Situation verschlechtert sich damit noch weiter.
Bettina Rühl, freie Journalistin in Nairobi, berichtet seit Jahren über den Krisenstaat Sudan. Ihr Verdikt ist so knapp wie dramatisch: «Die Lage ist katastrophal.» Die medizinische Versorgung sei schwierig, auch die Infrastruktur sei in weiten Teilen des Landes zusammengebrochen. Es fehle an Strom, Lebensmitteln, Medikamenten – schlichtweg an allem, was die Menschen zum Überleben brauchen.
Über die Situation abseits der umkämpften Städte ist wenig bekannt. Die Sicherheitslage sei dermassen schlecht, dass kaum unabhängige Beobachterinnen und Beobachter aus dem Land berichten könnten, so Rühl. «Laut Zahlen der UNO ist aber rund ein Viertel der Bevölkerung innerhalb des Sudan auf der Flucht vor der Gewalt.» Dies hat verheerende Auswirkungen auf die Versorgungslage im Land. Denn durch die massive Fluchtbewegung werden vielerorts die Felder nicht mehr bestellt.
Hilfe kommt kaum zu den Menschen
Gleichzeitig gelangt nur wenig internationale Hilfe bei den Millionen Bedürftigen an. «Zum einen fehlt es der UNO und den Hilfsorganisationen dramatisch an Geld», erklärt Rühl. «Dazu kommt die Herausforderung, das, was an Hilfe da ist, überhaupt zu den Menschen zu bringen.» Das Welternährungsprogramm hat nach eigenen Angaben nur zu einem Viertel der Bedürftigen überhaupt Zugang. Viele Gebiete im Land sind umkämpft, die Wege zu den Menschen sind unpassierbar oder die jeweiligen Machthaber verwehren den Zugang.
«Die UNO sorgt sich nicht nur um das Leben der eigenen Mitarbeitenden. Sie muss und will auch verhindern, dass die Hilfslieferungen in die Hände der Kriegsparteien gelangen», so die Afrika-Korrespondentin. Denn so könnte die UNO dazu beitragen, dass sich die Kämpfe verlängern.
Schwere Menschenrechtsverbrechen
Die Bevölkerung leidet massiv unter den Kämpfen im Sudan. Das traurige Fazit der deutschen Journalistin: Den Milizen sei das Schicksal der Menschen egal. «Sie begehen in vielen Gebieten selber schwere Menschenrechtsverbrechen an der Bevölkerung», so Rühl.
Gerade in der Region Darfur komme es derzeit zu schweren Übergriffen. «Hunderttausende Menschen sollen vertrieben und tausende getötet worden sein – und das nur, weil sie zur ‹falschen› Volksgruppe gehören.»