Niemand behauptet, dass die Einigung leichtfiel. Erste Diskussionen über eine Verringerung der Luftverschmutzung durch die internationale Schifffahrt fanden bereits in den 1980er-Jahren statt, wie Lee Adamson von der UNO-Schifffahrtsbehörde IMO sagt. Später wurde länger als ein Jahrzehnt lang erbittert um rechtsverbindliche Regeln gefeilscht, bis diese dann Anfang Jahr in Kraft treten konnten.
Die Luftverschmutzung nimmt ab
Die gute Nachricht: Entgegen verbreiteter Skepsis werden die neuen Regeln tatsächlich durchgesetzt. Sie senken den maximal zulässigen Schwefelanteil im Schiffstreibstoff von 3.5 auf 0.5 Prozent. Laut Roel Hoenders, Direktor für Energieeffizienz und Luftverschmutzung bei der IMO, ist der Schwefeloxid-Ausstoss um 75 Prozent zurückgegangen. «Davon profitierten vor allem die Bewohner von Hafenstädten und Küstenregionen. Zumal die Schiffsschadstoffe Asthma, Herzkrankheiten und Krebs auslösen.»
Auch Jörg Erdmann, Direktor für Nachhaltigkeit bei der deutschen Reederei Hapag-Lloyd, sagt: «Wir können feststellen, dass die neuen IMO-Vorschriften sehr gut eingehalten werden.» Die UNO-Schifffahrtsbehörde kann die Regeln nicht selber durchsetzen. Sie ist angewiesen auf die einzelnen Regierungen. Zuständig sind sowohl jene Staaten, die von Schiffen angelaufen werden, als auch jene, unter deren Flagge sie fahren: «Beide, Hafenstaat und Flaggenstaat müssen kontrollieren und die Regeln der IMO durchsetzen», sagt Erdmann.
Grundsätzlich zufrieden ist man auch beim Internationalen Rat für sauberen Verkehr, einer Nichtregierungsorganisation mit Sitz in den USA, die sich für eine möglichst geringe Umweltbelastung im Transportwesen einsetzt. Deren Chef-Forscher Bryan Comer sagt, es gebe bisher kaum Meldungen über Fehlverhalten. Bei der IMO in London ging eben eine Untersuchung aus Singapur ein, einem der weltgrössten Häfen: «Dort wurden in vier Monaten bloss zwei Schiffe entdeckt, welche die Vorschriften missachten», sagt Roel Hoenders.
Dafür wird jetzt das Meer verdreckt
Trotzdem ist der als historisch bezeichnete Fortschritt bescheidener als erhofft. Der Grund: Die IMO lässt den Reedereien zwei Möglichkeiten, die neuen Vorschriften zu erfüllen. Entweder tanken die Schiffsbetreiber statt wie bisher stark schwefelhaltiges Schweröl neu schwefelärmere, aber deutlich teurere Treibstoffe.
Oder sie rüsten ihre Flotten mit sogenannten «Scrubbers» aus, einer Art Katalysatoren für Schiffsmotoren. Dies sei, so Branchenvertreter Erdmann, «vor allem eine sehr kostengünstige Lösung». Der Einsatz von «Scrubbers» sei in der Schifffahrt neu und von der IMO genehmigt. Deshalb wurde diese Methode für zurzeit etwa 4000 Schiffe weltweit gewählt.
Das Problem bei diesen «Scrubbers»: Sie reinigen zwar stark umweltbelastendes, billiges Schweröl unter Zuhilfenahme riesiger Mengen von Meerwasser. Doch, so Bryan Comer vom Rat für sauberen Verkehr, «das verschmutzte Reinigungswasser wird dann einfach ins Meer abgelassen». Damit landen die Schadstoffe, die normalerweise durch den Schornstein in die Luft gelangten, jetzt einfach im Meer.
Und so wächst der Druck, die Maximalwerte für Schwefeloxid im Schiffstreibstoff weiter zu senken. Dabei gibt es jedoch Grenzen, weshalb sich auch in der Schifffahrt die Frage nach dem völligen Verzicht auf fossile Treibstoffe stellt.