Mutmassliche Mitglieder der kriminellen Organisation «Guerreros Unidos» haben den Mord an den jungen Leuten zugegeben. Sie hätten eine grössere Gruppe Personen getötet und verbrannt, sagten die drei Verdächtigen aus. Dabei soll es sich möglicherweise um die Studenten handeln, welche vor über einem Monat im Südwesten Mexikos verschwanden.
Bei der Ortschaft Cocula nahe der Stadt Iguala im mexikanischen Bundesstaat Guerrero entdeckten die Ermittler Asche und Zähne. Die Proben würden nun in einem Labor der Universität Innsbruck in Österreich untersucht, um die Opfer zu identifizieren, sagte Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam an einer Medienkonferenz. Solange keine Beweise vorlägen, würden die jungen Leute weiter als vermisst gelten.
ARD-Korrespondent Martin Polansky sagte im «Echo der Zeit», dass es an der Medienkonferenz ziemlich überzeugend getönt habe, dass es offenbar einen Massenmord gab. Aber es fehle derzeit noch die endgültige Identifizierung der Opfer. «Aber die mexikanischen Bundesbehörden haben nach sechs Monaten Ermittlungen kein gutes Bild abgegeben. Als das Massengrab ausgehoben wurde, stimmte die DNA der Studenten nicht mit den sterblichen Überresten überein», sagte Polansky. Die Skepsis der Angehörigen sei darum zu verstehen. Sie würden den Tod ihrer Angehörigen erst akzeptieren, wenn Beweise vorlägen.
Verwirrung um die sterblichen Überreste
Ende September waren 43 Studenten eines linksgerichteten Lehrerseminars in der Stadt Iguala von Polizisten entführt worden. Später wurden sie nach Zeugenaussagen Mitgliedern der Bande «Guerreros Unidos» übergeben. Sie hätten die jungen Leute auf einer Müllhalde bei Cocula getötet, ihre Leichen mit Benzin übergossen und in Brand gesteckt, sagten die Verdächtigen nun. Die sterblichen Überreste seien in einen Fluss geworfen worden.
Bereits vor mehreren Wochen hatten festgenommene Mitglieder der «Guerreros Unidos» den Mord an 17 der Studenten gestanden und die Ermittler zu Massengräbern bei Iguala geführt. Bei den dort entdeckten Leichen handelte es sich allerdings nicht um die Vermissten.
Bürgermeister festgenommen
Der Bürgermeister von Iguala und seine Frau waren am Dienstag als mutmassliche Drahtzieher der Tat festgenommen worden. Offenbar wollte José Luis Abarca verhindern, dass die Studenten eine Rede seiner Frau als Vorsitzende des örtlichen Wohlfahrtsverbands stören. Die Studenten aus einfachen Verhältnissen waren für ihren politischen Aktivismus bekannt.
Bürgermeistergattin María de los Ángeles Pineda stammt aus einer Familie von Drogenhändlern mit Verbindungen zum Beltrán-Leyva-Kartell. Sie soll ein führendes Mitglied der «Guerreros Unidos» sein. Nach Einschätzung der Ermittler arbeiten in der Region lokale Politiker, korrupte Polizisten und Verbrecher Hand in Hand.
Schwere Vorwürfe der Angehörigen
«Unsere Nation erlebt schwierige Zeiten. Die Ereignisse von Iguala empören uns alle», sagte Präsident Enrique Peña Nieto. «Ich gebe den Familien der Verschwundenen und allen Mexikanern mein Wort: Wir werden nicht innehalten, bis der Gerechtigkeit Genüge getan ist.»
Die Angehörigen hingegen erhoben schwere Vorwürfe gegen die Behörden. «Es war der Staat, der die Jungs entführt hat», sagte der Sprecher der Opferfamilien. Ihr Vertrauen in die Regierung ist erschüttert, auch den jüngsten Ermittlungsergebnissen schenken sie keinen Glauben. «Solange es keine Beweise gibt, sind unsere Kinder für uns noch am Leben», sagte eine Mutter.
Das Problem des Präsidenten
Die Glaubwürdigkeit des mexikanischen Präsidenten leidet stark nach diesem Massenmord, sagt ARD-Korrespondent Polansky. Präsident Enrique Peña Nieto sei angetreten, das Land wirtschaftlich zu entwickeln und Investoren anzuziehen. Er wollte ein neues Bild von Mexiko als erfolgreiches Schwellenland positionieren. «Jetzt ist dieses Bild in sich zusammengebrochen. Hauptsorge der Regierung ist gar nicht so sehr das Schicksal der Studenten, sondern dass das Bild Mexikos international angekratzt ist. Die Investoren bleiben weg, weil sie Angst vor dem organisierten Verbrechen haben.»