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Dritte Amtszeit in Aussicht Xi Jinping – Chinas Arbeiter, Prinz und Präsident

Die kommunistische Partei stimmt über eine weitere Amtszeit von Xi Jinping ab. Die Wiederwahl wäre historisch. Ein Porträt.

Diesen Sonntag startet in Peking der 20. nationale Parteikongress der kommunistischen Partei. Wichtigstes Traktandum: Die Wiederwahl von Präsident Xi Jinping. Er soll eine dritte Amtszeit erhalten. Etwas, das seit dem Tod von Staatsgründer Mao Zedong kein Präsident in China erhalten hat. Wer ist der Mann, der im Zentrum dieses historischen Moments steht?

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Aus dem Archiv: China vor dem Parteikongress im Krisenmodus
aus Echo der Zeit vom 12.10.2022. Bild: AP Photo/Ng Han Guan
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Es gibt zwei Xi Jinpings. Zum einen der Mann, der sich vom Landarbeiter in der Provinz an die Spitze Chinas hochgearbeitet hat. Als fleissigen und cleveren Arbeiter beschreiben die ehemaligen Dorfmitbewohner Xi in Propaganda-Dokumentarfilmen. Er scheute die harte Arbeit auch bei Wind und Wetter nicht. Und wenn er nicht hart gearbeitet hat, hatte er immer ein Buch dabei und gelesen. So das Bild, das Chinas Propaganda vom Staatsführer zeichnet.

Ein Bild, das stark kontrastiert mit dem der Xi-Kritiker: Diese setzen ein Fragezeichen hinter Xis Bildung und sehen in erster Linie einen Prinzling: Ein Sohn eines hohen Parteifunktionärs, der nur dank seines Vaters so hoch aufsteigen konnte.

Vom Prinzen zum Arbeiter und zurück

Beide Bilder passen auf Xis Biografie: Tatsächlich war Xis Vater ein angesehener Mitstreiter von Staatsgründer Mao Zedong. Vater Xi fiel aber im Verlaufe der Mao-Regentschaft in Ungnade. Das hat auch Sohn Xi Jinping zu spüren gekriegt. Er wurde während Maos kulturellen Revolution als Arbeiter aufs Land geschickt.

Nach dem Tod Maos wurde Xis Vater rehabilitiert. Sohn Xi konnte seine eigene Funktionärskarriere lancieren – unterstützt von mächtigen Parteimitgliedern.

Seltene Protestaktion in China gegen Xi

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Bei einem seltenen Protest gegen die chinesische Führung von Xi Jinping ist in Peking mindestens eine Person festgenommen worden.
Vor dem Kongress der kommunistischen Partei in Peking wurde bei der ungewöhnlichen Aktion am Donnerstag ein Protestbanner auf der Sitong-Brücke im Stadtviertel Haidian entrollt.

«Wir wollen Nahrung, keine Covid-Tests. Wir wollen Freiheit, keine Lockdowns», wandte sich die Parole darauf auch gegen Chinas strenge Null-Covid-Politik. «Wir wollen Würde, nicht Lügen. Wir brauchen Reform, keine Kulturrevolution», stand weiter in roten Schriftzeichen auf dem weissen Banner. «Wir wollen eine Stimme, keinen Führer. Seid keine Sklaven, seid Bürger.»

Beim Protest wurde auch Rauch entzündet, was die Aufmerksamkeit an der viel befahrenen Kreuzung auf die Aktion lenkte. Über ein Megafon forderte eine Stimme «Stürzt Diktator Xi Jinping», wie auf Videoaufnahmen zu hören ist, die in sozialen Medien zirkulierten. Auch war zu sehen, wie die Polizei eine Person in Gewahrsam nahm und in einen Wagen lud, während das Banner weggeräumt wurde.

Stark unterstützt haben soll Xi auch seine Mutter, die ebenfalls gut vernetzt ist in der kommunistischen Partei. Auch sie soll eine wichtige Rolle gespielt haben bei Xis Karriere, sagen Beobachterinnen.

Eine Mutter, die weiss, wen man wann anrufen muss, um die nächste Hierarchiestufe zu erklimmen, und ein berühmter Vater – das sind sicher gute, ja gar nötige Voraussetzungen für einen Aufstieg, wie Xi ihn gemacht hat. Es reicht aber nicht, um in China Präsident zu werden.

Der Glaube an die Partei

Dazu braucht es zum Beispiel auch das Geschick, sich schadlos zu halten von jeglichen Skandalen. Und China-Beobachterinnen und -Experten sehen in Xi einen Machtpolitiker, der getrieben sei durch seine Ideologie und seinen unerschütterlichen Glauben an die kommunistische Partei.

Das sagt unter anderem Kerry Brown. Der Professor für China-Forschung am Kings College in London hat gerade ein Buch über Xi veröffentlicht. «Er glaubt an etwas in einem Land, in dem die meisten an nichts glauben.»

Xi Jinping sitzt an einem Rednerpult und hält eine Rede.
Legende: Gegenseitiges Beeinflussen: Das Verhältnis von Xi Jinping und der kommunistischen Partei ist geprägt von einem Wechselspiel. IMAGO/Ju Peng

Xi sei vor allem auch ein Produkt der Partei und nicht einfach ein machtbesessener Autokrat. Er passe auf die Funktion des charismatischen, gut vernetzen Führers, wie ihn die Partei im Moment brauche, meint Brown.

Dabei ist Xi auch nach zehn Jahren an der Spitze Chinas für viele nicht greifbar. Ausser Propaganda dringt praktisch nichts über ihn nach aussen. So mag der Präsident ein Produkt der Partei sein. Umgekehrt gilt aber auch: Die Partei ist ein Produkt Xis. Er hat sie nach seinen Vorstellungen geformt.

Korruption oder Ideologie

Zum Beispiel versprach er bei seinem Amtsantritt 2012 gegen die Korruption vorzugehen. Inzwischen wurden geschätzte vier Millionen Funktionäre wegen Korruption verurteilt. Kritiker weisen darauf hin, dass darunter vor allem Funktionäre sind, die nicht auf Xis Linie politisiert haben. So mag es heute weniger korrupte Beamte geben. Aber auch weniger politische Gegenspieler, die Xis ideologische Politik oder ihn angreifen könnten.

Deshalb wird mit grösster Wahrscheinlichkeit nächste Woche der Prinzling zum König gekrönt. Zudem erwarten Expertinnen und Beobachter, dass Xi Ehrentitel erhält, wie sie Mao getragen hat, und das Festschreiben von Xis Gedankengut in der chinesischen Verfassung. Und natürlich erhält er eine weitere Amtszeit – die Dritte –, die viele China-Kenner als Führungsanspruch auf Lebzeiten interpretieren.

Echo der Zeit, 12.10.2022, 18:00 Uhr

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