Noch liegt die «Nautica» vor Anker in Dschibuti. Aber der Ersatztanker soll in den nächsten Tagen durch die Meerenge, das «Tor der Tränen», zur verrosteten «FSO Safer» vorstossen, um dort das Rohöl abzupumpen.
Er habe dafür grünes Licht von den Huthi-Rebellen in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa erhalten, versicherte der UNO-Nothilfekoordinator für Jemen, David Gressly, diese Woche dem UNO-Sicherheitsrat. Bereits seit Ende Mai ist ein Hilfsschiff im Roten Meer, die «Ndeavor», mit der «Safer» vertäut und mit Vorbereitungsarbeiten beschäftigt.
Der altersschwache Supertanker sei nun so weit stabilisiert, dass die Pumpaktion beginnen könne, erklärte Gressly. Ganz ohne Restrisiken sei die Operation dennoch nicht. Aber man habe alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen, für den Fall der Fälle.
Die jemenitische Regierung erwarb das 360 Meter lange Schiff in den 1980er-Jahren von einem texanischen Ölkonzern. Es fungierte jahrzehntelang als eine Art improvisierter Ölterminal, fest verankert vor der Küste. Um Rohöl zwischenzuspeichern und umzuschlagen, das auf den jemenitischen Ölfeldern in der Provinz Marib im Landesinnern gefördert wurde.
Krieg ohne jede Rücksicht
Doch dann kam der Krieg. Die Huthi-Rebellen erstürmten die Hauptstadt Sanaa und rückten auf breiter Front weiter vor, ins Landesinnere Richtung Marib, aber auch bis zur Küste nach Houdeida.
Zur Kriegführung in Jemen gehörte eine zynische Erpressungsmaschinerie, die Konfliktparteien belagerten Städte, sperrten Zugänge, ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung, geschweige denn die Umwelt.
Schon vor fünf Jahren schlugen jemenitische und internationale Organisationen Alarm. Vergebens. Drei Millionen Fass Rohöl kann die Safer aufnehmen, eine gute Million von dem schwarzen Gold ist noch an Bord, genug, um eine der grössten Ölkatastrophen in der Geschichte herbeizuführen.
Die Lebensgrundlage von Millionen Menschen entlang der Küste würde zerstört, der Fischbestand wäre auf ein Vierteljahrhundert hinaus geschädigt. Die Schifffahrt zum Suezkanal blockiert. Die UNO rechnete vor, dass eine derartige Ölpest 20 Milliarden Dollar allein an Reinigungskosten verursachen würde. Die Bergung wird demgegenüber mit 129 Millionen Dollar veranschlagt.
Es dauerte Jahre, bis aus ersten Lippenbekenntnissen verbindliche Zahlungen wurden. Grossbritannien, die Niederlande und Deutschland gingen voran. Saudi-Arabien folgte. Noch fehlen 29 Millionen, die UNO will sie in einem Crowdfunding zusammenkriegen. Doch ausschlaggebend war das bessere politische Klima im Kriegsgebiet. Auch davon war diese Woche im Sicherheitsrat die Rede.
Im Frühling 2022 begann eine Waffenruhe. Sie lief zwar nach sechs Monaten aus. Aber es folgte keine Eskalation. Die jemenitische Bevölkerung erlebt nun seit über einem Jahr die längste Phase relativer Ruhe seit Beginn des Kriegs, sagte der UNO-Vermittler für Jemen, der Schwede Hans Grundberg. Aber es brauche mehr.
Zwar laufen Gespräche auf verschiedenen Ebenen. Saudi-Arabien, das hinter der jemenitischen Regierungskoalition steht, ist kriegsmüde, es streckt die Fühler Richtung Huthi aus, die von Iran unterstützt werden. Ein Ende des Konflikts ist dennoch nicht in Sicht. Immerhin machte die neue Gesprächsbereitschaft konkrete Verbesserungen möglich. Zum Beispiel vor der Küste von Houdeida.