David Gressly, der humanitäre Koordinator der UNO für Jemen, wählte eindringliche Worte, um die Weltgemeinschaft aufzurütteln. Mehr als eine Million Fass Öl lagern im Supertanker FSO Safer, einem der grössten der Welt, sagte er an der eigens einberufenden Geberkonferenz in Den Haag.
Verankert vor dem Hafen von Hudeida diente das Schiff seit Jahrzehnten als Lager für jemenitisches Öl, das für den Export bestimmt war. Der Supertanker ist jedoch seit Kriegsausbruch ohne Wartung und zerfällt vor sich hin. Der alte Tanker könnte bald ein Leck haben, ja auseinanderbrechen oder gar explodieren, so David Gressly.
Die Konsequenz wäre eine Ölpest, welche selbst die Umweltkatastrophe von 1989 ausgelöst durch den Tanker Exxon Valdez um ein Mehrfaches übersteigen würde.
Nur schon die Folgen für die Umwelt wären ohne Beispiel, bedroht wäre auch die Existenzgrundlage der Menschen an der Rotmeer-Küste nicht nur in Jemen, sondern auch in anderen Anrainerstaaten.
UNO schätzt Kosten auf 144 Millionen Dollar
Doch mit der zweimonatigen Waffenruhe, die im April ausgerufen wurde, kam Bewegung in die Geschichte. Die UNO fand eine Einigung im Grundsatz – und das nicht nur mit der jemenitischen Regierungsseite, sondern auch mit den Houthirebellen, welche grosse Teile Jemens und die Hafenstadt Hudeida kontrollieren.
Die UNO legte einen Plan vor, wie die riesige Menge Öl in einer komplexen Operation sicher abgepumpt und die rostende FSO Safer abtransportiert werden könnte. Die Kosten für beide Teile der Operation wurden auf 144 Millionen Dollar veranschlagt.
Geberkonferenz bringt zu wenig Geld zusammen
Die Niederlande stellten sich als Gastgeberland für die Geberkonferenz in Den Haag zur Verfügung, um die Gelder zu mobilisieren. Der niederländische Aussenminster Wopke Hoekstra, versuchte es mit der ökonomischen Logik.
Eine Ölpest im Roten Meer von der erwarteten Grössenordnung zu beseitigen, würde zwanzig Milliarden Dollar kosten, so die Schätzung, das Öl abzupumpen und den rostenden Koloss zu entsorgen wäre für weniger, als ein Hundertstel dieses Betrags zu haben. Aber auch der niederländische Appell war nicht ausreichend, um genügend Geberstaaten zu motivieren.
Am Ende kamen nur knapp vierzig Millionen Dollar zusammen, wenig mehr als ein Viertel der geforderten Gesamtsumme und nur die Hälfe des Geldes, das allein für das Abpumpen veranschlagt wurde. Von den Ölstaaten der Region, die teils tief in den Jemenkrieg verstrickt sind, versprach bisher nur Katar bei der Operation mitzuhelfen.
Drohende Herbststürme
Die übrige Hilfe, die an der Konferenz zugesagt wurde, kommt ausnahmelos von westeuropäischen Staaten, unter ihnen die Schweiz. Der humanitäre Koordinator für Jemen, David Gressly, versuchte dennoch positiv zu bleiben, sprach von einem Beginn, betonte zugleich, wie wichtig es sei, dass schnell mehr Geld zusammenkomme.
Auch deshalb, weil es im Roten Meer ein Zeitfenster im Sommer gibt, das die UNO unbedingt nutzen möchte: Sobald die Herbststürme einsetzen, wird der Supertanker wieder Wind und Wellen ausgesetzt sein, damit die Bergung schwieriger und das Risiko des Zerbrechens nur umso grösser.