Instituto Ayacucho heisst eine der magischen Adressen in La Paz. Magisch deshalb, weil der Ansturm von ausbildungswilligen jungen Leuten so gross ist, dass es nicht mehr ohne Zulassungsprüfung geht. Besonders Frauen würden gefördert, sagt der Leiter des Instituts. «Wenn sich eine junge Frau zum Beispiel zur Mechanikerin ausbilden lassen will, dann erlassen wir ihr die Schulgebühren, das sind umgerechnet 60 Franken pro Jahr», erklärt er.
Die jungen Bolivianerinnen zeigen Interesse an Berufen, die im Hochland bislang eine Männerdomäne sind. «Pass die Geschwindigkeit an!», rät ein Ausbildner in der Werkstatt einer jungen Lehrtochter. Sie arbeitet am Schweissgerät, konzentriert und stumm. Hinter der Schutzmaske ist sie als Frau einzig am langen schwarzen Pferdeschwanz zu erkennen.
Fast das Siebenfache des Mindestlohns
Sie legt eine Zwischenprüfung ab. Dafür muss sie zwei Metallstücke mit einer sauberen Naht vereinen. Der Lehrmeister ist zufrieden: «Die ersten hier ausgebildeten Schweisser haben sofort Arbeit gefunden – zu guten Löhnen.» Mit umgerechnet etwa 2000 Franken monatlich verdienen sie weit mehr als der Ausbildner selbst und auch viel mehr als angelernte Arbeitskräfte. Die müssten mit dem Mindestlohn vorlieb nehmen; rund 300 Franken im Monat.
Auch Vanessa steht kurz vor dem Sprung ins Berufsleben. Sie finanziert ihre Ausbildung selbst. Tagsüber als Verkäuferin tätig, belegt sie Abendkurse als Industriemechanikerin. Praktika bei Partnerunternehmen des Instituts wechseln sich ab mit der Theorie. Sie möchte nach dem Abschluss ihre eigene Firma gründen: «Im Unterricht lernen wir neben dem Fachlichen auch Betriebswirtschaft, sodass ich mich fit fühle für einen kleinen Eigenbetrieb.»
Schweiz zieht sich aus dem Projekt zurück
Es geht aber nicht nur um Mechaniker und Schweisserinnen. Junge Bolivianerinnen und Bolivianer können auch in Gastronomie, Landwirtschaft oder Tourismus Lehrabschlüsse machen und vorankommen im Leben.
Das Berufsbildungsmodell gibt es seit 2006. Mehrere 10'000 junge Leute wurden seither ausgebildet. Die Schweiz gibt finanzielle Zuschüsse und steuert ihr Know-how in der Lehrlingsausbildung bei. Momentan plant sie aber den sanften Ausstieg. Danach geht die Berufsbildung ganz in bolivianische Hände über. Denn Lateinamerika soll in Zukunft nicht mehr zu den Prioritäten der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit gehören.