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Eigenes Orientierungssystem Das ideale System für Velotouren befindet sich in Belgien

Ein Knotenpunkt-System half schon den flämischen Mineuren. Heute lassen sich damit Vergnügungstouren planen.

Die Demonstration, dass es nirgends einfacher ist als in Flandern, eine kleine Tour auf zwei Rädern zu planen, beginnt mitten im Naturreservat, am Provinzbahnhof von Bokrijk. Es liegt im Nordosten von Belgien in Richtung niederländische Grenze.

Schild mit dem Knotenpunkt 91
Legende: Die Knotenpunkte sind die Orientierungspunkte im Veloverbindungsnetz, das von Dünkirchen (Frankreich) über Belgien bis in die Region Bremen (Deutschland) führt. SRF/Charles Liebherr

Der Start der Velotour liegt bei Knotenpunkt 243. Nächste Etappe ist dann der Knotenpunkt 91. Der liegt 1850 Meter weiter an der nächsten Wegkreuzung. Zuerst gerade aus, dann rechts abbiegen. Dann wieder links. Bei jedem Abzweiger steht ein kleines Schild am Wegrand mit Pfeil in Richtung des nachfolgenden Knotenpunktes.

Unterwasserbrücke

Vor dem Knotenpunkt 91 wird es spektakulär. Er lässt sich nur mit der Fahrt durch eine Unterwasserbrücke erreichen: Der Radweg führt mitten durch einen Teich.

Eine Brücke, die flach über das Wasser führt. Die Brückenkonstruktion selbst sieht man nicht, sie ist im Teich.
Legende: Die Brücke ist unter Wasser, der Radweg im Trockenen. SRF/Charles Liebherr

Die Tour kann man sich auf dem Mobiltelefon zusammenstellen lassen oder auf einer analogen Karte zusammensuchen: vom Ausgangspunkt Bokrjik, Knotenpunkt 243 bis an das Ziel, Knotenpunkt 249.

Die Karte

Mitnehmen auf die Tour müssen Velofahrerinnen und Velofahrer nur einen kleinen Handzettel. Darauf steht die Reihenfolge der anzufahrenden Knotenpunkte: Von 243 nach 91 radeln, dann zu 92, 71, weiter bis 79, rechts abbiegen bis 74, dann 548, 73, 72 und schliesslich 249, das Ziel, der Bahnhof Genk.

Vom System für Mineure zum Velotourplaner

Das Besondere an dieser Zahlenreihe: Sie folgen dem ersten Velo-Knotenpunktsystem der Welt. Erfunden hat dieses der Belgier Hugo Bollen, ursprünglich ein Minen-Ingenieur in der Steinkohlemine Genk.

So sieht eine geplante Route aus.
Legende: So sieht eine geplante Route aus. SRF/Charles Liebherr

Als seine Mine 1988 stillgelegt wurde, suchte Bollen nach einer Beschäftigung als Frühpensionierter. Er fuhr gerne Velo und holte das Knotenpunktsystem gewissermassen von unter Tag an die Erdoberfläche. Bollen wusste nämlich, dass sich Mineure einst anhand eines Knotenpunktsystems orientierten und so ihre weitverzweigten Wege durch dunkle Stollen fanden. Jede Wegkreuzung trägt eine Nummer.

Von Dünkirchen nach Bremen

In Flandern fehlt es bekanntlich nicht an Radwegen. Also entwickelte Hugo Bollen das Velo-Knotenpunktsystem, wie ein Minenstollen-System. Die alte Minenregion Limburg erkannte das Potenzial für Touristen und baute das Knotenpunktsystem über die ganze Provinz aus. Das Netz wurde immer weiter ausgelegt.

Ein Förderturm steht neben einem Gebäude
Legende: Die alte Mine in Genk. SRF/Charles Liebherr

30 Jahre später umfasst es Tausende Knotenpunkte. Es reicht vom nordfranzösischen Dünkirchen, über ganz Belgien und die Niederlande bis weit nach Osten in die Region Bremen in Norddeutschland.

Jede Radwegkreuzung ist mit einer Nummer angeschrieben. Vom Ausgangsknotenpunkt 243 lässt sich beispielsweise problemlos eine Radroute finden zum Knotenpunkt 5 im Zentrum von Amsterdam.

Rendez-vous, 14.10.2025, 12:30 Uhr; sibl

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