Worum geht es? In Israel hat das Parlament den Weg für vorgezogene Wahlen geebnet. Sie sollen am 1. November stattfinden, wie die Abgeordneten entschieden. Es sind die fünften Wahlen in weniger als vier Jahren.
Wie ist es dazu gekommen? Der Nationalkonservative Naftali Bennett übernahm die Regierung im Juni 2021 von Benjamin Netanjahu. Mit einer hauchdünnen parlamentarischen Mehrheit war seine Koalition aus acht rechtsextremen, liberalen und arabischen Parteien von Anfang an fragil. Die Koalitionsmitglieder waren sich uneinig in wichtigen politischen Fragen unter anderem zum israelisch-palästinensischen Konflikt. Eine Absprache mit Jair Lapid von der liberalen Partei Jesch Atid legte einen Wechsel des Ministerpräsidentenamts nach der Hälfte der Amtszeit im Sommer 2023 fest. Der entscheidende Streitpunkt betraf nun den rechtlichen Status der Siedler im besetzten Westjordanland. Deren Sonderrechte müssen durch das israelische Parlament regelmässig erneuert werden. Darüber war sich die Koalition uneinig. Bennett wollte verhindern, dass Siedler unter Militärverwaltung gestellt werden wie Millionen von Palästinensern. Jetzt wurde die Knesset vor Ende Juni aufgelöst, so werden die Sonderrechte automatisch verlängert.
Wie geht es weiter? Nach der Auflösung des Parlaments müssen die Abgeordneten in drei weiteren Lesungen mit einer absoluten Mehrheit – mindestens 61 der 120 Abgeordneten – für das Gesetz stimmen. Die Übergangsphase könnte vor dem Hintergrund der hohen Inflation, den Spannungen mit dem Iran und der Palästina-Frage zu weiteren Turbulenzen führen.
Wer wird neuer Ministerpräsident? Gemäss der Vereinbarung der bisherigen Regierungskoalition soll Aussenminister Jair Lapid die Übergangsregierung führen. Bennett wird so lange stellvertretender Ministerpräsident bleiben. Bennett sagte am Mittwochabend aber auch, er werde bei der Wahl nicht antreten. Er werde sich aus der Politik zurückziehen. Gründe für seine Entscheidung nannte er nicht.
Steht ein Comeback von Netanjahu an? Der ehemalige Premierminister Benjamin Netanjahu zeigt sich zuversichtlich, dass seine Partei die nächste Regierung stellen wird. Likud ist gegenwärtig die grösste Fraktion im Parlament und liegt auch in den Umfragen vorn. Dafür bräuchte er jedoch Verbündete. Bei den vier vorherigen Wahlen war es Netanjahu jedoch nicht gelungen, eine Koalition zu bilden. Auch durch ein Korruptionsverfahren wegen Verdachts auf Bestechung, Betrug und Untreue könnten seine Aussichten getrübt werden. Die jetzige Koalition will eine weitere Amtszeit von Netanjahu mit einem neuen Gesetz verhindern. Der Entwurf beinhaltet ein Verbot, als Regierungschef anzutreten, wenn man sich mit einem Strafverfahren konfrontiert sieht. Die Aussichten für die Vorlage sind unklar.