Ohne die Einigung im UNO-Sicherheitsrat kurz vor Mitternacht hätte die Hilfe für vier Millionen notleidende Syrer unverzüglich gestoppt werden müssen, sagte Mark Lowcock, der UNO-Nothilfechef: Es gebe keine Alternative für die Versorgung dieser Menschen mit Hilfsgütern, keinen «Plan B».
Der Grund, weshalb ein «Plan B» fehlt, liegt darin, dass die syrische Regierung manche Gebiete, wo Hilfe dringend nötig ist, gar nicht kontrolliert. Und, dass sie Hilfe in Rebellengebiete blockiert. Die stellvertretende französische UNO-Botschafterin Anne Gueguen sprach Klartext:
«Das syrische Regime instrumentalisiert die Hilfe aus politischen Motiven, erteilt Bewilligungen mit dem Tropfenzähler, benachteiligt ganze Bevölkerungsgruppen und zweigt Hilfe ab.»
Dank Moskaus Einlenken
Den Streit im Sicherheitsrat über die Verlängerung der Hilfsresolution hat Russland entfacht. Moskau legte nämlich – und in dessen Gefolge Peking – in einer früheren Sitzung das Veto ein. Die Russen wollen ihren Schützling Diktator Baschar al-Assad stärken, indem sämtliche internationale Hilfe im gesamten syrischen Territorium über dessen Regierung erfolgen muss, was ihr natürlich zusätzliche Macht gibt. Nicht zuletzt die Macht, Rebellenzonen auszuhungern. Russland seinerseits gibt sich überzeugt, das Assad-Regime sei inzwischen imstande, der ganzen syrischen Bevölkerung zu helfen. Und geht davon aus, dass es auch willens ist.
Am Ende lenkte Moskau ein, aber bloss ein bisschen. Ausländische Hilfe darf nun weiterhin über zwei türkisch-syrische Grenzübergänge erfolgen, aber nicht mehr über einen irakisch-syrischen und einen jordanisch-syrischen. Ausserdem läuft die Resolution schon in sechs Monaten erneut aus.
Dennoch: Russlands Verhalten ist schockierend
Der Kompromiss sei also unbefriedigend, erklärt der deutsche UNO-Botschafter Christoph Heusgen, der Preis dafür sei hoch
Vor allem für 1.4 Millionen Hilfsbedürftige in Nordostsyrien, denen bisher via Irak geholfen wurde, wird die Situation prekär. Die amerikanische UNO-Botschafterin Kelly Craft greift deshalb Russland frontal an. Russlands Verhalten sei schockierend. Es zeige, dass der Moskauer Führung das Leiden von Menschen egal sei.
Aus Sicht der UNO selber sowie öffentlicher und privater Hilfswerke ist die Kompromisslösung zwar besser als nichts. Doch sie ist höchst unbefriedigend und schränkt die Hilfsmöglichkeiten erheblich ein. Ausserdem sei es menschenunwürdig, dass Notleidende bei jeder erforderlichen Resolutionsverlängerung bangen müssen, ob ihnen am Tag darauf überhaupt noch geholfen wird.