Morgens um sieben an einem weitläufigen Strand im Norden Mumbais: Eine Stiftung hat Hunderte Freiwillige zu einer Aufräumaktion zusammengetrommelt. Es ist der Morgen nach dem Ende der Geburtstagsfeier für den Elefantengott Ganesha.
Aus dem flachen Meerwasser ragen überall grosse und kleinere Elefantenköpfe. In den Tagen zuvor sind sie noch angebetet worden, jetzt sind sie Müll. Auch der Strand selbst ist voller Abfall: Einweggeschirr, Plastiksäcke oder PET-Flaschen, die von der Party übriggeblieben sind.
Freiwillige säubern den Strand
Die vielen Freiwilligen werden sich gleich an die Arbeit machen und aufräumen. Sie sind ausgerüstet mit Plastikhandschuhen und Mundschutz. Die Stimmung ist fröhlich, obwohl die Aufgabe gewaltig ist: Die 20-Millionen-Metropole Mumbai an der Westküste Indiens produziert jeden Tag 9000 Tonnen Plastikabfall.
Wir alle müssen auf die sensible Küste aufpassen.
Auch Amruta Fadnavis, eine Bollywood-Schauspielerin und Aktivistin, ist an diesem Morgen früh aufgestanden. «Wir alle müssen auf diese sensible Küste aufpassen», ruft sie von der grossen Bühne. Bisher machen die meisten das Gegenteil: Sie vermüllen die Küste mit zig Tonnen von Plastik.
Zwar hat die Regierung des Bundesstaates Maharashtra, zu dem Mumbai gehört, schon vor Jahren Einwegplastik verboten. Trotzdem werden höchstens 15 Prozent des Kunststoffabfalls in der Stadt gesammelt und rezykliert.
Der Rest landet in der Umwelt, häufig in wilden, offenen Deponien. Und weil es in der Küstenstadt Mumbai besonders viel Wind und Überflutungen gibt, verbreitet sich dieser Plastikabfall so sehr wie in keiner anderen Stadt Indiens. Er verschmutzt die Flüsse und das Meer.
Politiker nutzen die Aufräumaktion
Am Strand machen sich derweil Studentinnen mit grünem Abfallsack ans Plastiksammeln. Kleine Wellen schwappen über ihre Füsse. Auf die Frage, ob solche einmaligen Aktionen der Umwelt wirklich helfen können, ist ihre Meinung eindeutig: ja. Das werde die Natur sauberer machen, sagen sie. Aber nach der Stadt müssten sie auch noch das Land aufräumen.
Nicht weit von ihnen entfernt läuft der Politiker Shrikant Shinde von einer Rechtsaussen-Partei von Interview zu Interview. «Aktionen wie diese schaffen grössere Aufmerksamkeit für das Plastikproblem», ist er überzeugt. Am schlimmsten sei Einwegplastik, das für Tausende von Jahren in der Natur bleibe.
Die Menschen müssen sich ändern.
Auf der Bühne meldet sich Asif Bhamla zu Wort, dessen gleichnamige Stiftung die Aufräumaktion organisiert hat: «Wir brauchen einen konkreten Vorschlag, einen Plan, wie man mehr Plastik trennen und dann recyceln kann. Die Politik muss das anpacken», sagt er – «und vor allem die Unternehmen», ergänzt seine Tochter Saher, die neben ihm steht.
Es wird zu viel Plastik verwendet
Es wäre jedoch zu einfach, die Schuld allein auf die Regierung oder die Unternehmen zu schieben. Alle müssten ihr Verhalten ändern, wenn ihnen der Planet wichtig sei, sagt die junge Frau. Man müsse endlich weniger Plastik verwenden. Dem stimmen auch die Studentinnen am Strand zu. «Die Menschen müssen sich ändern», rufen sie.
Am Ende der Sammelaktion sind immerhin einige hundert Tonnen Plastikmüll zusammengekommen. Was mit den nun gar nicht mehr göttlichen Plastik-Ganeshas und Plastiktellern und -bechern passiert, weiss allerdings niemand so genau.
Bestenfalls wird er rezykliert und der eine oder andere Elefantengott ersteht als Plastik-Klappstuhl oder Spielzeug wieder auf – im nächsten Jahr.