Die EU hat endlich offiziell Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien lanciert. Jahrelang wurden die beiden Länder im Vorzimmer der EU vertröstet, weil Bulgarien den Prozess wegen eines absurden Sprachenstreits mit Nordmazedonien blockierte. Nun wurde ein Kompromiss gefunden.
Regierung bleiben nüchtern
Trotz des freudigen Anlasses bleibt Albaniens Premierminister Edi Rama beim Medientermin in Brüssel nüchtern. Die letzten Jahre seien sehr enttäuschend gewesen, zuweilen absurd, sagt er. Ständig seien neue Vorbehalte vorgebracht wurden, die Beitrittsprozesse mit den beiden Ländern des Westbalkans zu starten.
Nun könne es aber endlich losgehen. Nicht das Ende sei das, sondern nur das Ende des Anfangs, sagte er. Immerhin. «Lassen Sie uns die Hände schütteln», sagte die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, beim Fototermin. «Welch historischer Moment.»
Auf diesen Moment haben Nordmazedoniens Premier Dimitar Kovacevski und Rama tatsächlich lange 17 Jahre warten müssen. «Langsam aber sicher werden wir Teil der grossen europäischen Familie», sagte er. Dieser Tag sei ein strategisches Ziel seines Landes.
Es wird noch viel Geduld brauchen
Alle im Raum wissen, dass dieses Ende des Anfangs zum EU-Beitritt noch weiter auf sich hätte warten lassen, wenn in der Ukraine nicht Krieg herrschte.
Infolge des russischen Angriffs auf das Nachbarland sah sich die EU gezwungen, der Ukraine und Moldawien überstürzt eine europäische Zukunft zu versprechen. Das erlaubte keine Vertröstungen mehr der Anwärter im Westbalkan.
Vor allem Nordmazedonien erfüllte alle Vorbedingungen für den Beitrittsprozess. Griechenland forderte einen Namenswechsel des Landes; dann Frankreich eine Änderung des Beitrittsverfahrens; dann Bulgarien eine Verfassungsänderung zum Schutz der unbedeutenden Mikro-Gemeinschaft von bulgarisch Sprechenden in Nordmazedonien. Alles wurde erfüllt.
Zuerst die EU-Verträge anpassen?
Die EU sei darum nun in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass beide Länder in Rekordgeschwindigkeit EU-Mitglieder würden, meinte Kovacevski jetzt in Brüssel.
Doch dieser Wunsch wird nicht erfüllbar sein: Jeder Zwischenschritt im Beitrittsprozess bedingt die Zustimmung aller einzelnen EU-Staaten. Blockaden bleiben weiter möglich. Zudem machen zahlreiche EU-Länder eine EU-Erweiterung von einer vorgängigen Änderung der EU-Verträge abhängig.
Nordmazedonien und Albanien werden weiterhin unendlich viel Geduld benötigen auf ihrem Weg in die Europäische Union.