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Champagner made in Grossbritannien
Aus Tagesschau vom 28.10.2024.
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Englischer Schaumwein im Hoch Was England zur zweiten Heimat des «Champagners» macht

Die Nachfrage nach heimischem «Champagner» geht steil nach oben, die Anbaufläche wächst. Der Klimawandel macht's möglich.

Er perlt wie Champagner, schmeckt wie Champagner, ist aus denselben Trauben und mit derselben Methode gekeltert wie Champagner. Doch Champagner genannt werden darf er nicht, der im südost-englischen Chilham produzierte Schaumwein Evremond. Denn Champagner ist eine geschützte Ursprungsbezeichnung. Da gibt es auch keine Ausnahme, wenn die Hausherrin Vitalie Taittinger heisst, Geschäftsführerin der gleichnamigen Champagnermarke ist und für den Festakt angereist ist.

Vitalie Taittinger landet am 26. September 2024 einen Marketing-Coup. Das Domaine Evremond ist erst knapp sieben Jahre alt und schon kann die erste «Cuvée Classic» kredenzt werden – in Anwesenheit eines Mitglieds der britischen Königsfamilie: Herzogin Sophie von Edinburgh, die Schwägerin von König Charles III. Als Taufpatin darf sie neben dem ersten Evremond-Jahrgang auch die kürzlich fertiggestellte Weinkellerei einweihen.

Person enthüllt Tafel bei Veranstaltung im Freien.
Legende: Herzogin Sophie von Edinburgh gibt sich die Ehre, um den englischen Schaumwein zu taufen. Rechts von ihr steht der Mitgründer der Domaine Evremond, Patrick McGrath. SRF

«Wir sind die erste Champagnermarke, die einen eigenen Produktionsbetrieb in England von Grund auf aufgebaut hat», freut sich Taittinger. 2015 hat das französische Champagnerunternehmen Land in der Nähe von Canterbury gekauft – und ab 2017 Chardonnay-, Pinot-Noir und Meunier-Reben zu pflanzen begonnen.

Trauben, Klima und kalkhaltige Böden wie in der Champagne

Im nächsten Frühling kommt der erste Evremond-Jahrgang für 60 Franken pro Flasche in den Verkauf. 100'000 Flaschen liegen bereit. Mittelfristig möchte Taittinger ihre Produktion in Grossbritannien auf 400'000 Flaschen jährlich steigern.

Weinreben in einem Weinberg.
Legende: In der Nähe von Canterbury wurden Chardonnay-, Pinot-Noir und Meunier-Reben angepflanzt. AFP

«Die kalkhaltigen Böden in Kent sind vergleichbar mit den Böden in der Champagne», sagt Taittinger. Und mit dem Klimawandel gleichen sich Temperaturen und Regenmenge Südenglands dem Klima in der Champagne an. «Vieles kommt uns vertraut vor», bestätigt sie.

Wer trinkt am meisten Champagner?

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Die Französinnen und Franzosen, natürlich. Im Jahr 2023 waren es 127 Millionen Flaschen. Im selben Jahr wurden 172 Millionen. Flaschen ins Ausland exportiert.

Der grösste Exportmarkt für Champagner ist die USA, mit 33.7 Mio. Flaschen. Auf Platz 2 folgt Grossbritannien mit gut 28 Mio. Flaschen. Auf Platz 3 – Japan (16.6 Mio. Flaschen), vor Deutschland (12.2 Mio. Flaschen) und Italien (10.6 Mio. Flaschen). Die Schweiz liegt mit 6.4 Millionen Flaschen Champagner auf Platz 8 der Rangliste des Branchenverbandes Comité Champagne.

Bestens vertraut ist die Champagner-Dynastie auch mit dem englischen Markt. Sie exportiert seit über 25 Jahren nach Grossbritannien, den zweitgrössten Exportmarkt für Champagner nach den USA.

Brexit-Papierkram macht Champagner-Importe komplizierter

2021 trat Grossbritannien offiziell aus der EU aus. Seit dem Brexit unterliegen Ein- und Ausfuhren strengen Kontrollen. Neue Deklarationsregeln traten in Kraft, was die Exporte nach Grossbritannien aufwändiger und damit teurer macht.

Person schenkt Sekt in ein Glas mit Schaum.
Legende: Evremond gehört der Champagner-Dynastie Taittinger an. AFP

Diese Probleme kann Taittinger mit ihrem auf der Insel produzierten Evremond-Schaumwein umgehen und erzielt damit eine höhere Marge.

Das ist auch anderen Traditionsmarken nicht entgangen: Mit «Louis Pommery England» baut seit 2017 auch der achtgrösste Champagnerproduzent ein eigenes Weingut auf – und sein «English Sparkling Wine» ist bereits in den Läden, für umgerechnet 35 Franken pro Flasche.

Englischer Schaumwein gewinnt Champagner-Blindtest

Rund 100 englische Weingüter produzieren heute Schaumwein – auf gut 4000 Hektar. Die Produktionsfläche hat sich seit der Jahrtausendwende vervierfacht.

Wurde der Champagner gar in England erfunden?

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Englische Weine werden öfter belächelt als geschätzt, «English Fizz» von Champagner-Fans als prickelnder Witz abgetan. Doch ein Blick in die Geschichtsbücher wirft die Frage auf: Was, wenn ein Engländer den Champagner erfunden hat?

1662 beschrieb mit Christopher Merret ein Gründungsmitglied der renommierten Royal Society die Produktionsmethode von Schaumwein. Merret interessierte sich eigentlich für die Glasproduktion, die in England neu mit Steinkohle statt mit Holz erfolgte – was resistentere Gläser, beziehungsweise Glasflaschen ergab, die mit importiertem Kork drucksicher verschlossen werden konnten.

Christopher Merrets Aufsatz entstand «30 Jahre früher, als der erste Champagner produziert worden ist», betont die konservative britische Tageszeitung The Telegraph – und legt damit nahe, die Heimat der Champagner-Methode sei England und nicht Frankreich. Who knows?

Nyetimber ist ein Name, den man sich merken sollte. Seit 1988 setzt das Weingut in West-Sussex, nordwestlich von Brighton, auf die «Champagner»-Traubensorten Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier. 1998 gewann Nyetimber einen «Champagner»-Blindtest – was auch der Königsfamilie nicht entging: 2002 liess Queen Elizabeth II beim Bankett zu ihrem 50-Jahr-Jubiläum Nyetimber ausschenken, was einem Ritterschlag gleichkam – nicht nur für Nyetimber, sondern für den englischen Sparkling Wine generell. Cheers!

Tagesschau, 28.10.2024, 19:30 Uhr

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