Nicaraguas Regierung hat weiteren 100 Nichtregierungsorganisationen die Zulassung entzogen. Die Vereine und Verbände hätten unter anderem ihre Berichtspflichten aus dem Gesetz gegen Geldwäsche und Terror-Finanzierung verletzt, wird begründet.
Unter den geschlossenen Organisationen sind unter anderem der grosse Rentnerverband, die Stiftung für touristische Entwicklung, der Veteranenverband, der Verband ehemaliger politischer Häftlinge, eine Gesellschaft indigener Frauen und sogar der Nationale Imkerverband.
Damit sollen all jene Organisationen mundtot gemacht werden, wo sich noch Menschen über die Realität des Landes austauschen, erklärt Günther Maihold, Lateinamerika-Experte und stellvertretender Direktor der Stiftung für Wissenschaft und Politik in Berlin.
Die autoritäre Regierung von Präsident Daniel Ortega ging zuletzt immer härter gegen zivilgesellschaftliche Gruppen, die Opposition, die regierungskritische Presse und auch die katholische Kirche vor. So wurde am 21. August 2022 Bischof Rolando Álvarez des Bistums Matagalpa zusammen mit sechs Priestern verhaftet und ins Gefängnis gesteckt.
Widerstand ist gefährlich
Bereits früher verloren Hunderte Nichtregierungsorganisationen die Zulassung und zahlreiche kirchliche Radio- und Fernsehsender wurden geschlossen. Bei Protesten gegen die Regierung kamen in den vergangenen Jahren mehr als 350 Menschen ums Leben.
Viele, die oppositionellen Stimmen zugerechnet werden, sitzen bereits im Gefängnis oder werden verfolgt.
Unmut zeigten vor allem die Oppositionellen im Exil, sagt Maihold: «Die Methoden in Nicaragua sind sehr repressiv. Viele, die oppositionellen Stimmen zugerechnet werden, sitzen bereits im Gefängnis oder werden verfolgt.»
Familien-Clan fest im Sattel
Laut Maihold verfällt das Regime immer mehr in eine autoritäre Verhärtung und Erstarrung. Die Familien-Clique Ortega versuche, über die territorialen Strukturen der sandinistischen Revolutionspartei keine Alternativen für öffentliche Räume mehr zuzulassen.
Zum Umstand, dass Ortega gerade jetzt die Schrauben weiter anzieht, verweist Maihold auch auf die internationalen Sanktionen gegen die Familie Ortega und deren Unternehmen. Damit würden die finanziellen Mittel im Land knapper. Entsprechend habe die Regierung auch die Tendenz, die finanziellen Ressourcen der NGO zu beschlagnahmen, samt Lokalitäten. Zugleich versuche Ortega, sich mit China als möglichem Partner anzufreunden.
Bisher keine Risse feststellbar
Maihold geht davon aus, dass sich Bunkermentalität fortsetzt. Das Regime stütze sich auf einen kleinen Kreis von befreundeten Nationen und versuche, alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ressourcen zu monopolisieren. Zugleich versuche Ortega, sich mit China als möglichen Partner anzufreunden.
Damit werde Nicaragua zum Protagonisten autoritärer Herrschaft in Zentralamerika und falle zurück in die Zeiten des Somoza-Regimes. «Bislang sind keine Brüche innerhalb des Sicherheitsapparates feststellbar. Das Regime kann sich bisher noch gut halten», so Maihold.