Schweigen – eine Minute lang. So hat die Zeremonie zur Erinnerung an die Massaker durch Truppen des Osmanischen Reichs vor 100 Jahren begonnen. Armeniens Präsident Sersch Sarkissjan legte am Mahnmal für die Opfer der Gräuel Blumen nieder. In seiner Rede dankte Sarkissjan den Staaten, die die Massaker an seinen Landsleuten als Genozid anerkennen.
Tragödie niemals vergessen
An der Zeremonie nahmen auch Frankreichs Präsident François Hollande, Russlands Staatschef Wladimir Putin und weitere Politiker aus dem Ausland teil. Putin forderte: «Die internationale Gemeinschaft muss alles tun, damit sich die tragischen Ereignisse von einst nicht wiederholen.»
François Hollande sagte, er verneige sich vor den Opfern. «Wir werden die Tragödie, die Ihr Volk erduldet hat, niemals vergessen.» In der Türkei seien bereits «wichtige Worte» geäussert worden, doch würden noch weitere erwartet, sagte der französische Präsident. Frankreich wertet die Massaker selbst als Völkermord, die Türkei weist diesen Vorwurf zurück.
Türkei spricht von «traurigen Ereignissen»
Allerdings: Der türkische Präsident Tayyip Erdogan hat den Nachfahren der Opfer sein Beileid ausgesprochen. «An diesem Tag, der für unsere armenischen Bürger eine besondere Bedeutung hat, gedenke ich aller osmanischer Armenier mit Respekt, die unter den Bedingungen des Ersten Weltkriegs ihr Leben verloren haben», erklärte Erdogan. «Ich spreche ihren Kindern und Enkeln mein Beileid aus.»
Der Staatspräsident sprach im Zusammenhang mit den Massakern von «traurigen Ereignissen». Die Türkei lehnt es strikt ab, die Gräueltaten einen Genozid zu nennen. Erdogans Erklärung wurde anlässlich des Gedenkgottesdienstes im armenischen Patriarchat in Istanbul veröffentlicht.
Auch in der Türkei wird mit nichtstaatlichen Gedenkfeiern der Massaker gedacht. Dutzende Menschen versammelten sich am Morgen in jenem Viertel von Istanbul, in dem am 24. April 1915 die ersten armenischen Intellektuellen verhaftet wurden. Im armenischen Patriarchat kamen die Gläubigen zu einem Gedenkgottesdienst zusammen.
Lammert: «Es war ein Völkermord»
Während man in Armenien den Toten gedenkt, wird in Deutschland debattiert. Nach dem deutschen Präsidenten Joachim Gauck hat auch Bundestagspräsident Norbert Lammert die Massaker als «Völkermord» bezeichnet.
Zum Auftakt einer Debatte im Bundestag sagte Lammert: «Das was mitten im Ersten Weltkrieg im Osmanischen Reich stattgefunden hat, unter den Augen der Weltöffentlichkeit war ein Völkermord. Er ist nicht der letzte im 20 Jahrhundert geblieben.»
Zugleich bekannte sich der deutsche Politiker zur Mitverantwortung am damaligen Geschehen. Das deutsche Kaiserreich war seinerzeit enger Verbündeter des Osmanischen Reichs.