Im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland haben die Menschen neue Bürgermeister und Landrätinnen gewählt: Die CDU holt in Nordrhein-Westfalen gemäss Hochrechnungen knapp 35 Prozent der Stimmen, die SPD (24 Prozent) behauptet sich nur knapp vor den Grünen (20 Prozent).
Armin Laschet, Ministerpräsident von NRW, startet damit mit Rückenwind in einen heissen politischen Herbst. Denn die Kommunalwahl galt auch als Stimmungstest für seine nationalen Ambitionen. Laschet will im Dezember CDU-Bundesvorsitzender werden und gilt als möglicher Kanzlerkandidat im kommenden Jahr.
Gestärkter Krisenmanager
Das sind hochfliegende Pläne. Die Claudia Kade, Ressortleiterin Politik der «Welt» und der «Welt am Sonntag», durchaus bestätigt sieht: «Laschet kann die Wahl als Pluspunkt verbuchen: Er hat gezeigt, dass er Wahlergebnisse um Mitte 30 Prozent einfahren kann.»
Denn, so die intime Kennerin des politischen Berlins: In der Union herrsche ein Jahr vor der Bundestagswahl die grosse Sorge, dass solche Wahlergebnisse ohne das Zugpferd Angela Merkel der Vergangenheit angehören könnten.
Laschet sieht sich nun auch in seinem Corona-Kurs der letzten Monate bestätigt. Der Wahlerfolg sei die Anerkennung für den «Weg von Mass und Mitte in der Pandemie», liess er in einer ersten Reaktion verlauten.
Man stellt etwas genervt fest, dass Söder vor allem mit Inszenierungen und Selbstdarstellung auffällt.
Auch für Kade war der Urnengang mithin ein Votum über «Krisenmanager Laschet». Dieser pochte schon frühzeitig auf Lockerungen der Corona-Massnahmen; in Polit-Talkshows vertrat der CDU-Mann seine Positionen äusserst pointiert. Kanzlerin Merkel zeigte sich parteiintern pikiert über die «Öffnungsdiskussionsorgien», die auch von Laschet befeuert wurden.
In NRW mit seinen 14 Millionen Einwohnern sei der Ministerpräsident mit seinem Corona-Kurs aber offensichtlich Zustimmung gestossen, urteilt Kade am Tag nach den Kommunalwahlen. Doch kann sich Laschet nun auch in die Pole Position für die Merkel-Nachfolge bringen?
Laschet – der Anti-Söder?
Dagegen spricht: Laut dem ARD-Deutschlandtrend trauen ihm nur 24 Prozent der Deutschen das Kanzleramt zu. Und: Mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder hat Laschet einen schwergewichtigen Rivalen um die Merkel-Nachfolge – auch wenn sich Söder bei der Kanzler-Frage noch zurückhält.
Die C-Frage könnte in den kommenden Monaten allerdings erheblichen Einfluss auf die K-Frage haben, glaubt Kade: «Und in Bayern haben wir zuletzt relativ grosse Pannen im Corona-Management erlebt.»
«Laschet dagegen stand in den letzten Wochen und Monaten relativ stabil da», so Kade. Söder schlage dagegen allmählich auch Skepsis in den Reihen der Union entgegen: «Man stellt etwas genervt fest, dass Söder vor allem mit Inszenierungen und Selbstdarstellung auffällt.»
Das «Arbeitstier Laschet» dagegen stelle in den Augen vieler in der Union die politische Sacharbeit in den Vordergrund. «Da kann ihn der jetzige Wahlerfolg weiter befördern. Es könnte also zumindest ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Laschet und Söder geben», schliesst die Journalistin.