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Erste Frau an der Spitze Claudia Sheinbaum wird neue Präsidentin von Mexiko

  • Claudia Sheinbaum hat die Präsidentschaftswahlen vom Sonntag (Ortszeit) in Mexiko für sich entschieden.
  • Sheinbaum wird damit die erste Präsidentin des bevölkerungsreichsten spanischsprachigen Landes.
  • Die Ex-Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt, die als Favoritin galt, erhielt bei der Präsidentenwahl am Sonntag zwischen 58.3 und 60.7 Prozent der Stimmen, wie das Wahlamt des lateinamerikanischen Landes mitteilte.

«Ich möchte den Millionen von Mexikanerinnen und Mexikanern danken, die an diesem historischen Tag für uns gestimmt haben», sagte Sheinbaum. Noch vor Bekanntgabe der amtlichen Hochrechnung versammelten sich Tausende Anhänger der Kandidatin mit mexikanischen Fahnen auf dem Zócalo, dem Platz im Herzen von Mexiko-Stadt, um zu feiern.

Frau in lila Bluse spricht bei einer Veranstaltung und hebt die Faust.
Legende: Sheinbaum ist studierte Physikerin und Ex-Regierungschefin von Mexiko-Stadt. Imago Images/Jose Luis Toralesx

Sheinbaums Rivalen von den Oppositionsparteien, Xóchitl Gálvez und Jorge Álvarez, gestanden ihre Niederlage ein und gratulierten ihr zum Sieg. Gálvez, Kandidatin der drei grössten Oppositionsparteien, landete den vorläufigen Teilergebnissen zufolge auf dem zweiten Platz mit 29 Prozent der Stimmen. Álvarez von der kleineren Mitte-Links-Partei Movimiento Ciudadano kam auf 10.6 Prozent. Das amtliche Endergebnis soll ab Mittwoch vorliegen. Die Regierungspartei Morena, der Sheinbaum angehört, hat den Hochrechnungen zufolge auch bei den Parlaments- und Regionalwahlen gut abgeschnitten.

US-Präsident Joe Biden gratuliert

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US-Präsident Joe Biden hat Claudia Sheinbaum zum Sieg gratuliert. Biden freue sich auf enge Zusammenarbeit mit Sheinbaum «im Geiste der Partnerschaft und Freundschaft», hiess es in einer Mitteilung des Weissen Hauses. Biden gratulierte dem mexikanischen Volk ausserdem zu einem «landesweit erfolgreichen demokratischen Wahlprozess». 

Das Verhältnis zwischen den USA und Mexiko ist wegen des Zustroms von Migranten aus Lateinamerika über Mexiko in die USA angespannt. Sheinbaum kündigte an, sich unter anderem für ein freundschaftliches Verhältnis zu den USA einzusetzen. Mexikaner in den USA würden von ihrer Regierung aber immer verteidigt, betonte sie.

Erste Präsidentin in 200 Jahren

Glückwünsche für die künftige Präsidentin gab es insbesondere vom amtierenden linkspopulistischen Staats- und Regierungschef Andrés Manuel López Obrador, ihrem politischen Ziehvater. «Mit all meiner Zuneigung und meinem Respekt gratuliere ich Claudia Sheinbaum. Sie wird die erste Präsidentin Mexikos in der 200-jährigen Geschichte der Republik sein», sagte er in einer Videobotschaft.

Ein besonderer Familienname

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«Die Grosseltern der neuen mexikanischen Präsidentin flüchteten im Zweiten Weltkrieg wegen ihres jüdischen Glaubens aus Europa. Die Mutter kam aus Bulgarien, väterlicherseits stammt die Familie Sheinbaum ursprünglich aus Litauen», erklärt die freie Lateinamerika-Korrespondentin Sandra Weiss gegenüber Radio SRF.

Sheinbaum plant, die Politik von López Obrador fortzusetzen. Sie spricht allerdings von «Kontinuität mit eigener Handschrift». Trotz der ungebremsten Gewalt der Drogenkartelle geniesst López Obrador hohe Zustimmungswerte. Nach sechs Jahren Amtszeit durfte er aber nicht erneut antreten.

Sheinbaum möchte Obradors Sozialpolitik mit staatlichen Hilfen für junge und alte Menschen beibehalten und noch ausbauen. Im Kampf gegen die gravierende Drogenkriminalität will sie weiterhin den Streitkräften das Kommando überlassen, aber neue Akzente setzen. Im Energiebereich möchte sie anders als López Obrador die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien fördern.

Im Gegensatz zum charismatischen López Obrador gilt die künftige Präsidentin als Technokratin. López Obrador berief sie 2000 als Umweltministerin in das Hauptstadtkabinett, als er zum Regierungschef von Mexiko-Stadt gewählt worden war. Sheinbaum wurde später Bürgermeisterin eines Hauptstadtbezirks und ab Dezember 2018 Regierungschefin der Hauptstadt. Sie legte das Amt nieder, um sich für das Präsidentenamt zu bewerben.

Mehr als 20'000 Posten wurden neu vergeben

Es war der grösste Wahltag in der Geschichte der zweitgrössten Volkswirtschaft Lateinamerikas mit rund 130 Millionen Einwohnern. Schon am frühen Sonntagmorgen (Ortszeit) bildeten sich lange Schlangen vor den Wahllokalen. Insgesamt waren mehr als 20'000 Ämter neu zu besetzen, darunter die Gouverneursposten in acht der 31 Bundesstaaten und im Hauptstadtdistrikt. Fast 100 Millionen Bürger waren stimmberechtigt.

Gewalttaten vor Wahllokalen

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Bei den Urnengängen in Mexiko kam es zu gewalttätigen Vorfällen, wie Medien berichteten. So fielen in den zentralen Bundesstaaten Puebla und México sowie in einem Vorort der nordöstlichen Grossstadt Monterrey Schüsse – demnach kam es dabei zu je mindestens einem Todesfall.

In Puebla konnte nach Angaben der Wahlbehörde des Bundesstaates, IEE, ein Wahllokal in der Gemeinde Tlapanalá nicht öffnen, weil die Wahlzettel gestohlen worden waren. In Coyomeapan musste die Stimmabgabe demnach auch wegen Gewalt unterbrochen werden. In den Städten Chicomuselo und Pantelhó im südlichen Bundesstaat Chiapas wurden die Wahlen wegen der Gewalt der Drogenkartelle in der Region komplett ausgesetzt.

Auch der Wahlkampf war von Gewalt überschattet. Laut der Beratungsfirma Integralia wurden seit September mindestens 34 Kandidaten getötet. Hinter den Anschlägen werden meist kriminelle Gruppen vermutet, die um Einfluss in bestimmten Regionen kämpfen.

SRF 4 News, 3.6.2024, 02:30 Uhr ; 

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