- Der Krieg in der Ukraine hat den Westen und Russland entzweit. Das zeigt sich auch bei der Zusammenarbeit im Weltraum.
- Die Europäische Weltraumagentur ESA – bei der auch die Schweiz Mitglied ist – hat sich von Russland abgewendet.
- Weil Weltraumprojekte in der Regel langfristig angelegt sind, wird die Zusammenarbeit auf Jahre, wenn nicht Jahrzehnte gekappt.
400 Kilometer über der Erde kreist die Internationale Weltraumstation ISS. An Bord sind aktuell drei Russen, eine Astronautin und zwei Astronauten aus den USA sowie eine Wissenschaftlerin aus Italien. Dort oben funktionierte die Zusammenarbeit mit Russland bis jetzt.
«Gezwungenermassen», sagt der ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher: «Hier arbeiten wir nominell zusammen. Denn jeder ist auf den anderen angewiesen. Wir haben keine Wahl als eng zusammenzuarbeiten und uns auf unsere Partner Russland, Kanada, Japan und die USA zu verlassen.»
Russland will von ISS aussteigen
Doch auf der Weltraumstation dürfte es bald schon keine Russen mehr geben: Die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos hat heute angekündigt, dass sie sich ab 2024 nicht mehr an der ISS beteiligen wird.
Am Boden hat die ESA unmittelbar nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine die Zusammenarbeit gestoppt. Die derzeitige geopolitische Lage und die Sanktionen, die die Mitgliedsländer der ESA verhängten, hätten eine weitere Kooperation verunmöglicht, so Aschbacher.
Zusammenarbeit mit Privaten statt Russland
Ein Beispiel ist das Projekt ExoMars; da hat die ESA die Zusammenarbeit mit der russischen Weltraumagentur diesen Frühling eingestellt. Das Projekt sah vor, mit einem Forschungsroboter den Mars zu erkunden. Ursprünglich war der Start für dieses Jahr geplant. Nun muss die Mission verschoben werden, weil eine russische Sojus-Rakete den Roboter hätte ins Weltall bringen sollen.
Gleichzeitig betont Aschbacher, dass die Europäer an den eigenen Raketenprogrammen festhalten sollten und sich nicht nur auf private Transportraketen wie diejenige von SpaceX (siehe Kasten) abstützen sollten: «Wir haben mit Satelliten eine Infrastruktur von der wir im täglichen Leben abhängen – für die Wettervorhersage, Navigation, Erdbeobachtung und vieles mehr. Wir brauchen die Sicherheit, dass wir unsere Satelliten in den Weltraum schicken können.»
Zerschlagenes Porzellan
Deshalb verteidigt er auch das Programm der neuen Ariane-Rakete, auch wenn das Projekt wegen der hohen Kosten immer wieder für Kritik sorgt. Aber die Tatsache, dass es nun Alternativen zur russischen Technologie gibt, macht es der Europäischen Weltraumagentur einfacher, die Zusammenarbeit mit Russland einzustellen.
Es wird sehr schwierig sein, mit Russland wieder eine normale Zusammenarbeit zu finden. Es wurde zu viel Porzellan zerschlagen.
Somit hat der russische Angriffskrieg in der Ukraine bei Weltraumprojekten noch auf Jahre hinaus Auswirkungen: «Es wird sehr schwierig sein, mit Russland wieder eine normale Zusammenarbeit zu finden», sagt Aschbacher. «Es wurde zu viel Porzellan zerschlagen. Uns ist bewusst geworden, wie eng wir auch mit der russischen Weltraumwirtschaft verflochten sind. Die Gefahr wäre sehr gross, in Zukunft wieder in die gleiche Situation zu kommen.»
Kommt hinzu, dass Weltraumprojekte von der Idee bis zur Realisierung mehrere Jahre dauern: Auch deshalb wird der Bruch mit Russland lange anhalten. Die ESA wird nun noch stärker mit der amerikanischen Weltraumbehörde Nasa kooperieren – und ganz grundsätzlich noch eigenständiger als bisher ihre Projekte vorantreiben.