Warum ist der Streit einer der gefährlichsten Konfliktherde der Welt? Eine militärische Auseinandersetzung um Taiwan hätte massive Auswirkungen auf die globale Wirtschaft. Auch stünden sich die Atommächte China und USA gegenüber. Experten gehen davon aus, dass ein Krieg um Taiwan grössere Auswirkungen hätte als der Angriff Russlands auf die Ukraine.
Warum erzürnt Pelosis Besuch China?
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Mit ihrem Besuch in der Inselrepublik Taiwan provoziert die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses die chinesische Staatsführung. «Peking kann es angesichts von Pelosis Visite nicht bei harschen Worten bewenden lassen. Schliesslich schürt das Xi-Regime den Nationalismus seit Jahren und stellt die Integration Taiwans in die Volksrepublik als unverzichtbar dar», sagt Diplomatie-Korrespondent Fredy Gsteiger. «Entsprechend steht die chinesische Führung unter Druck und muss irgendetwas tun, was die eigene Bevölkerung nicht als allzu laue Reaktion empfindet.»
Was treibt Pelosi an? Im kommenden Jahr wird sie 83 Jahre alt. Möglicherweise wird sie bald aus dem Kongress ausscheiden und es scheint ihr wohl auch um ihr politisches Vermächtnis zu gehen. Denn moralisch lässt sich der Besuch von Nancy Pelosi rechtfertigen. Sie kämpft seit Jahrzehnten für Demokratie und Menschenrechte sowie gegen Autokraten. Vor allem ist sie der Ansicht, dass sich die USA von möglichen Drohungen der Führung in Peking nicht einschüchtern lassen dürfen.
Was hat der Ukraine-Krieg damit zu tun? Nach Russlands Angriff auf die Ukraine wächst weltweit die Sorge, dass China auf ähnliche Weise versuchen könnte, die demokratische Insel zu erobern. Die USA haben sich schon lange der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet, was bisher meist Waffenlieferungen bedeutete.
Warum ist Taiwan politisch so wichtig für China? Der kommunistische Machtanspruch geht auf die Gründungsgeschichte der Volksrepublik China zurück. Nach der Niederlage im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten zog die nationalchinesische Kuomintang-Regierung mit ihren Truppen nach Taiwan, während Mao Tsetung 1949 in Peking die Volksrepublik ausrief. Der heutige Staatschef Xi Jinping sieht eine Vereinigung mit Taiwan als «historische Mission».
Gibt es militärische und wirtschaftliche Gründe? Die Insel zwischen Japan und den Philippinen hat strategische Bedeutung. US-General Douglas MacArthur bezeichnet Taiwan einst als «unsinkbaren Flugzeugträger» der USA. Eine Eroberung durch China wäre ein wichtiger Baustein in dessen Grossmacht-Ambitionen, weil es das Tor zum Pazifik öffnen würde.
In welchen Bereichen sind die USA aktuell abhängig von China?
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Die USA scheinen sich zunehmend von China unabhängiger machen zu wollen (zum Beispiel eigene Mikrochip-Produktion in die USA). In welchen Bereichen sind die USA aktuell noch abhängig von China, fragt die SRF-Community. «China und die USA sind wirtschaftlich stark voneinander abhängig», erklärt Wirtschaftsredaktor Andreas Lüscher.
«Das jährliche Handelsvolumen beträgt über 600 Milliarden US-Dollar, wobei die USA viel mehr aus China importieren, als umgekehrt. Ein Blick auf die US-Import-Statistik zeigt: Elektrische Maschinen, Maschinen allgemein, Spielzeug, Sportausrüstung, Möbel und Textilien sind stark gefragt, da den USA in diesen Bereichen die nötigen Rohstoffe fehlen oder die US-Produktion preislich nicht konkurrenzfähig ist (etwa aufgrund höherer Löhne und fehlenden staatlichen Subventionen).»
Taiwan ist Nummer 22 der grossen Volkswirtschaften, industriell weit entwickelt und stark mit der Weltwirtschaft verflochten. Ein Grossteil der knappen Halbleiter stammen von dortigen Unternehmen. Wegen der Abhängigkeit vom chinesischen Markt wären europäische Unternehmen massiv betroffen, wenn ähnlich wie gegen Russland wirtschaftliche Sanktionen gegen China verhängt werden sollten.
Warum wird Taiwan nur von wenigen Ländern anerkannt? China zwingt jedes Land, das diplomatische Beziehungen mit Peking haben will, keine offiziellen Kontakte mit Taiwan zu unterhalten. Es ist vom «Ein-China-Grundsatz» die Rede. Demnach ist Peking die einzige legitime Vertretung Chinas.
Auf chinesischen Druck wurde Taiwan aus den Vereinten Nationen und internationalen Organisationen ausgeschlossen. Nur weniger als zwei Dutzend kleinere Länder unterhalten noch diplomatische Beziehungen. Die USA betreiben nur eine inoffizielle Vertretung in Taipeh.
Was wollen die Taiwanerinnen und Taiwaner?
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Die Taiwanerinnen und Taiwaner verstehen sich mehrheitlich längst als unabhängig und wollen zumindest den Status quo wahren. Auch wollen sie als Demokratie international anerkannt werden und sich keinem diktatorischen System wie in Festlandchina unterwerfen.
Die frühere Kuomintang-Regierung hatte einst selber einen Vertretungsanspruch für ganz China, was sich bis heute im offiziellen Namen «Republik China» widerspiegelt. Dieser Anspruch wurde 1994 aufgegeben. Damals wandelte sich Taiwan von einer Diktatur zu einer lebendigen Demokratie. Jede Veränderung des Status quo müsste aus Sicht der Regierung heute demokratisch von den 23 Millionen Taiwanerinnen und Taiwanern entschieden werden.
Droht in naher Zukunft eine militärische Eroberung durch China? Die Gefahr hat unter Xi Jinping deutlich zugenommen. Dafür modernisiert China schon lange, besonders seine Marine und Luftwaffe. Es wird davon ausgegangen, dass der mächtige Präsident das Vorhaben noch in seiner Amtszeit umsetzen will. Im Herbst will sich Xi Jinping für weitere fünf Jahre bestätigen lassen.
Würden die USA Taiwan im Falle eines Angriffs verteidigen? Nachdem die USA zum Zwecke der Abschreckung «strategisch zweideutig» geblieben waren, ist US-Präsident Joe Biden weitergegangen als seine Vorgänger. Er bezeichnete es wiederholt als «Verpflichtung», Taiwan zu verteidigen. Ob mit Waffenlieferungen oder Truppen liess er offen. Nach der diplomatischen Anerkennung Chinas hatten sich die USA 1979 mit dem «Taiwan Relations Act» gesetzlich dazu verpflichtet, Taiwans Verteidigungsfähigkeit weiter zu unterstützen.
Welche Länder würden China bei einem Einnahmeversuch helfen?
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«Ob sich Länder in der Region unmittelbar einer militärischen Operation von China gegen Taiwan anschliessen würden oder nicht, ist ungewiss», sagt Diplomatie-Korrespondent Fredy Gsteiger. «Anders als die USA hat China nie ein Allianzsystem nach dem Vorbild der Nato aufgebaut, das automatisch die gegenseitige Unterstützung vorsieht.
Das einzige Verteidigungsabkommen Pekings existiert mit Nordkorea und datiert von 1961. Denkbar ist daher, dass sich Nordkorea an einer Invasion beteiligen würde – angesichts seiner begrenzen militärischen Mittel für solche Einsätze, wäre eine Beteiligung indes bloss symbolischer Natur. Fraglich ist auch, ob Russland mitmachen würde, zumal China sich derzeit an der russischen Invasion in die Ukraine nicht direkt militärisch beteiligt, sondern sie nur politisch und diplomatisch unterstützt.
Als klar pro-chinesisch in der Region gelten Kambodscha, Laos und Myanmar. Doch sie dürften sich kaum militärisch an einem chinesischen Überfall auf Taiwan beteiligen, vielmehr diesem lediglich politische Schützenhilfe geben. Klar china-kritisch sind Japan und Südkorea, ausserdem – etwas weiter entfernt – Australien und Neuseeland. Auch in Vietnam misstraut man China. Es ist jedoch offen, wie weit die Unterstützung dieser Länder für Taiwan ginge.
Ein Grossteil der südostasiatischen Staaten vermeidet es, sich klar für oder gegen China und damit für oder gegen Taiwan zu positionieren – etwa die Philippinen, Indonesien oder Malaysia. Sie wollen es sich weder mit den USA noch mit ihrem wichtigsten Wirtschaftspartner China verscherzen.»
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