Die EU und die Ukraine starten Beitrittsverhandlungen. Im Dezember 2023 hatten die 27 EU-Staats- und Regierungschefinnen die EU-Kommission damit beauftragt, die Verhandlungen vorzubereiten. Auch Moldau startet in einem separaten Prozess entsprechende Verhandlungen. Der Beginn des Prozesses ist klar festgelegt – das Ende ist völlig offen. Die Verhandlungen könnten Jahre dauern. EU-Korrespondent Charles Liebherr schätzt die Situation ein.
Warum will die Ukraine EU-Mitglied werden?
Fast zeitgleich mit dem Beginn der kriegerischen Angriffe Russlands im Februar 2022 beantragte die Ukraine formell einen EU-Beitritt. Die Ukraine sieht die politische und wirtschaftliche Zukunft des Landes in der EU. Die Ukraine zählt sich den demokratischen und kulturellen Werten der EU zugehörig und will wirtschaftlich davon profitieren, Teil des europäischen Binnenmarktes zu werden. Die Ukraine will sich als Vollmitglied der EU auch zu Russland abgrenzen.
Warum beginnen die EU-Beitrittsverhandlungen gerade jetzt?
Mit dem raschen Beginn der Verhandlungen will die EU ein Zeichen der Solidarität setzen gegenüber der Ukraine, welche sich militärisch gegen die Invasion Russlands zur Wehr setzen muss – und auch gegenüber Moldau, das politisch stark unter russischer Einflussnahme steht.
Ein weiterer Grund für die EU-Kommission, die Verhandlungen noch im Juni 2024 zu starten: Bis Ende Monat hat Belgien die EU-Ratspräsidentschaft inne. Im Juli übernimmt für ein halbes Jahr Ungarn die Ratspräsidentschaft. Ungarns Premier Viktor Orbán hat sich öffentlich gegen den Beitritt der Ukraine zur EU ausgesprochen und an der Abstimmung unter den EU-Staats- und Regierungschefs nicht teilgenommen.
Ungarn blockiert immer wieder die Umsetzung von Sanktionen gegen Russland. Der ungarische Premier gilt als Freund des russischen Präsidenten Putin. Darum wird Ungarn den Beitrittsprozess der Ukraine wohl kaum unterstützen.
Wie laufen die EU-Beitrittsverhandlungen genau ab?
Mit Blick auf die Beitrittsverhandlungen mit den Ländern des West-Balkans hat die EU den Prozess der Verhandlungen reformiert. Wer neues Mitglied der EU werden will, soll in mehreren Schritten an die EU herangeführt werden.
Politisch heikel ist die Reihenfolge der Beitrittsschritte: Zuerst müssen grosse Hürden genommen werden, etwa ein Prüfverfahren zur Rechtsstaatlichkeit oder zur Unabhängigkeit der Justiz. Die «einfacheren» Schritte zur wirtschaftlichen Integration folgen erst später.
Wann können die Ukraine oder Moldau Mitglieder der EU werden?
Die Ukraine und Moldau können Mitglieder der EU werden, wenn dies alle aktuell 27 EU-Mitgliedstaaten einstimmig beschliessen. Es besteht kein verbindlicher Zeitplan, wann dieser Entscheid gefällt werden muss. Das Beispiel der Türkei zeigt, dass sich die 1999 begonnenen EU-Beitrittsverhandlungen ewig hinziehen können, ohne greifbare Resultate.
Für die Ukraine kommt erschwerend hinzu, dass die EU kein neues Vollmitglied aufnehmen wird, das sich im Krieg mit Russland befindet. De facto eröffnet nur ein Friedensabkommen zwischen Russland und der Ukraine dereinst einmal den Weg, dass die Ukraine auch Mitglied der EU werden kann.