SRF News: Sebastian Ramspeck, der Entscheid des EU-Parlament ist nicht bindend. Trotzdem: Was bedeutet er nun?
Er hat vor allem eine symbolische Bedeutung. Er zeigt, dass in der EU das Misstrauen gegenüber der türkischen Staatsführung so gross ist wie nie zuvor. Aber juristisch und in der Praxis hat der Entscheid keine Bedeutung.
Denn es sind vor allem die EU-Mitgliedsstaaten, die über die Aufnahme der Türkei entschieden.
Hat dieser Entscheid also keinen Einfluss auf das konkrete politische Handeln?
Nein, die EU-Mitgliedsstaaten halten vorderhand an den Verhandlungen mit der Türkei fest. Da spielen eben noch andere Faktoren eine Rolle als die politische Lage innerhalb der Türkei.
Die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sind eine Farce.
Spricht das EU-Parlament das aus, was sich die Mitgliedländer nicht trauen, vor allem um den Flüchtlingsdeal nicht zu gefährden?
Ja, der Flüchtlingsdeal spielt die entscheidende Rolle. Die EU-Länder erachten diesen Flüchtlingsdeal als sehr wichtig, sie wollen ihn nicht gefährden. Deshalb wird weiter mit der Türkei verhandelt – obwohl diese Verhandlungen eigentlich eine Farce sind.
Es wird seit 2005 verhandelt, aber es ist völlig klar, dass die Türkei in absehbarer Zeit nicht Mitglied der EU werden wird, dass die Türkei allerhöchstwahrscheinlich überhaupt nie beitreten wird. Mehrere EU-Staaten, darunter auch Deutschland, haben sich klar gegen eine EU-Mitgliedschaft der Türkei ausgesprochen.
Und es bräuchte ja die Zustimmung aller EU-Staaten – jeder einzelne hat ein Vetorecht. Aber eben: Im Moment will einfach niemand den Flüchtlingsdeal gefährden.
Das Gespräch führte Harry Stitzel.