- Die italienischen Behörden dürfen Rettungsschiffe von Hilfsorganisationen unter gewissen Umständen in Häfen kontrollieren und festhalten.
- Zu diesem Schluss kommt der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in einem Gutachten.
- Die deutsche Organisation Sea-Watch hatte nach Kontrollen im Sommer 2020 Klage eingereicht. Sea-Watch vermutete politische Gründe dahinter.
Gemäss dem Urteil des EuGH dürfen Hafenstaaten zusätzliche Kontrollen bei Seenotrettungsschiffen durchführen, um sicherzustellen, dass diese internationale Sicherheitsregeln einhalten und korrekt zertifiziert sind. Gleichzeitig dürfe die Verpflichtung zur Seenotrettung, die unter internationalem Recht für Kapitäne gelte, nicht beeinträchtigt werden.
Sea-Watch sieht politische Gründe für Kontrollen
Die unter deutscher Flagge fahrenden Schiffe der privaten deutschen Organisation Sea-Watch fahren regelmässig ins zentrale Mittelmeer, um dort Menschen auf der Flucht von Nordafrika Richtung EU zu retten. Im Sommer 2020 wurden die «Sea-Watch 3» und «Sea-Watch 4» jeweils in den Häfen von Palermo und Porto Empedocle in Sizilien von den Behörden überprüft.
Die Begründung war, dass sie eine höhere Zahl an Passagieren mitführten, als ihre Zertifizierung als Mehrzweckfrachtschiffe es erlaube. Bei diesen Kontrollen wurden technische Mängel und Probleme bei den Papieren festgestellt und die Schiffe anschliessend festgehalten. Sea-Watch klagte dagegen. Den italienischen Behörden wurde damals vorgeworfen, die Schiffe aus politischen Gründen festzuhalten.
Zivile Seenotretter in Italien umstritten
In Italien sind die Einsätze der zivilen Seenotretter nicht überall gern gesehen; vor allem rechte Parteien wie die Lega wollen, dass sie die Menschen woanders hinbringen. Der EuGH-Generalanwalt befand nun, dass Regeln zur Überprüfung der Sicherheit auch für die Seenotretter gelten, insbesondere, da sie regelmässig zu viele Passagiere beförderten und daher Gefahren für Personen oder Umwelt entstehen könnten.
Dies könne auch zusätzliche Kontrollen rechtfertigen, wenn es eindeutig Gefahren für die Sicherheit, Gesundheit oder Umwelt gebe, so der Generalanwalt. Sie müssten jedoch einzeln von nationalen Gerichten geprüft und dabei auch die Pflicht zur Hilfeleistung auf See berücksichtigt werden. Das Gutachten ist für den Gerichtshof nicht bindend, jedoch folgen die Richter dem Generalanwalt oft. Das Urteil erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt.