- Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Polen zur Zahlung eines täglichen Zwangsgeldes in Höhe von einer Million Euro verurteilt.
- Grund für den Schritt ist nach einer Mitteilung des Gerichtshofes vom Mittwoch die bisherige Weigerung des Landes, höchstrichterliche Entscheidungen zu umstrittenen Justizreformen umzusetzen.
- Das Zwangsgeld solle bewirken, dass Polen die Einhaltung des EU-Rechts nicht weiter hinauszögere, teilt der EuGH mit.
Polen ignoriert seit Monaten Beschlüsse des höchsten europäischen Gerichts. Das lässt sich der EuGH nicht länger bieten: Er missbilligt Polens Handeln und verurteilt das Land zu einer Zwangsgeld-Zahlung.
Epizentrum dieses Streits ist die Arbeit der polnischen Disziplinarkammer zur Bestrafung von Richtern. Die EU verlangt von Polen, diese Tätigkeiten zu stoppen, da diese nach EuGH-Entscheidungen nicht mit EU-Regeln zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz vereinbar sind.
Die Einhaltung der Anordnung vom 14. Juli sei erforderlich, um einen «schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden» von der Rechtsordnung der Europäischen Union und der Werte, auf denen diese Union beruhe (...), abzuwenden, liess der Vizepräsident des Gerichtshofs am Mittwoch mitteilen.
«Erpressung»: Polen weist Urteil zurück
Die Finanzsanktionen gegen Polen waren am 9. September von der für die Überwachung der Rechtsstaatlichkeit in der EU zuständigen EU-Kommission beantragt worden. Sie werden nun so lange fällig, bis Polen den Anordnungen des EuGH Folge leistet.
«Die Justizsysteme in der gesamten Europäischen Union müssen unabhängig und fair sein», hatte Kommissionschefin Ursula von der Leyen damals kritisiert. Polens Justizminister Zbigniew Ziobro sprach hingegen von einer «Aggression gegen Polen» und von einem «juristischen hybriden Krieg».
Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki warf der EU-Kommission bereits anfangs Woche in einem Interview vor, dass sie «mit einer Pistole an unserem Kopf» Forderungen an sein Land stellen würden. Im Zusammenhang mit der angedrohten Aussetzung finanzieller EU-Corona-Hilfe sprach er sogar von einem «Dritten Weltkrieg».
Hinnehmen wird Polen das Urteil nicht einfach so: Die Zahlung eines täglichen Zwangsgeldes in Höhe von einer Million Euro wies sie als «Erpressung» zurück. «Der EuGH verachtet und ignoriert die polnische Verfassung und die Urteile des Verfassungsgerichts komplett», schrieb Vize-Justizminister Sebastian Kaleta am Mittwoch auf Twitter. Das Gericht überschreite seine Kompetenzen. «Das ist eine weitere Etappe der Operation, die Polen den Einfluss auf seine Staatsform wegnehmen soll. Das ist Usurpation und Erpressung.»
Positives Empfinden im Europaparlament
Erste Reaktionen aus dem Europaparlament auf das neue Zwangsgeld fielen positiv aus. «Das Urteil ist begrüssenswert», sagte der FDP-Abgeordnete Moritz Körner. Die EU-Kommission müsse aber dennoch weiter auch die EU-Corona-Hilfen für Polen zurückhalten.
Auch die Grünen-Europapolitikerin Franziska Brantner begrüsst den Entscheid: «Dies zeigt, dass es Konsequenzen gibt, wenn jemand die Rechtsstaatlichkeit untergräbt», sagte Brantner am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Das Urteil sei ein «Stoppschild für diejenigen, die die Axt an die Demokratie in Europa legen».