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Expedition zur Titanic US-Marine registrierte Implosion offenbar schon am Sonntag

Laut US-Küstenwache gibt es keine Überlebenschancen für die Vermissten mehr. Die Insassen seien «schmerzlos» gestorben.

Das ist passiert: Die US-Küstenwache geht nach tagelanger Suche nach dem verschwundenen Tauchboot vom Tod der fünf Insassen aus. Zuvor hatte die US-Küstenwache Trümmerteile des U-Boots in der Nähe des «Titanic»-Wracks gefunden. Damit gebe es keine Überlebenschance mehr für die Vermissten, teilte der Chef der Küstenwache, John Mauger, mit. Er sprach den Familien der Opfer sein tiefes Beileid aus.

Das wurde gefunden: Ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug hatte laut Küstenwache am Donnerstagmorgen den Heckkegel des Tauchboots knapp 500 Meter vom Bug der «Titanic» entfernt auf dem Meeresboden gefunden. Insgesamt seien fünf grosse Trümmerteile entdeckt worden. Sie deuteten auf einen Kollaps der Druckkammer hin.

Der Zeitpunkt der Implosion: Zum Zeitpunkt der Implosion könne die Küstenwache noch keine Angaben machen. Sonarbojen hätten in den letzten 72 Stunden aber kein «katastrophales Ereignis» wahrgenommen. US-Medien berichteten, dass ein akustisches Unterwassererkennungssystem der US-Navy die Implosion wohl am Sonntag registriert hatte. Das könnte darauf hinweisen, dass die «Titan» bereits implodiert war, als das Mutterschiff keinen Kontakt mehr herstellen konnte.

John Mauger
Legende: «Ich weiss, dass es eine Menge Fragen dazu gibt – wie, warum und wann genau die Implosion passiert ist», sagte Mauger vor den Medien. REUTERS/Brian Snyder

Bei einer Implosion bricht ein Objekt schlagartig zusammen, wenn der Aussendruck grösser ist als der Innendruck und steht im umgekehrten Kräfteverhältnis zu einer Explosion. Schon der kleinste strukturelle Defekt kann in grosser Tiefe eine solche Katastrophe auslösen.

Marine-Expertin: Insassen starben «schmerzlosen Tod»

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Die Insassen des «Titan»-Tauchboots haben Expertinnen zufolge von der Implosion ihres Gefährts nichts mitbekommen. Der Druck auf das Tauchboot sei in so grosser Tiefe massiv gewesen – die Implosion sei im Bruchteil einer Millisekunde passiert, zitierte der Sender CNN am Freitag Ex-Marineoffizierin Aileen Marty, Professorin für Katastrophenmedizin.

Das menschliche Gehirn könne die Lage so schnell gar nicht erfassen. «Das ganze Ding ist kollabiert, bevor die Menschen darin überhaupt bemerken konnten, dass es ein Problem gab», betonte Marty.

Die «Titan»-Insassen seien auf eine Art und Weise gestorben, bei der sie nicht einmal gewusst hätten, dass sie sterben würden, erklärte Marty. «Letztlich ist dies mit Blick auf die vielen Möglichkeiten, auf die wir sterben können, schmerzlos.»

Die Hoffnung durch Klopfgeräusche: Unterwassergeräusche hatten zwischenzeitlich Hoffnung auf ein Überleben der Insassen geschürt. Zu den Klopfgeräuschen, die am Mittwoch unter Wasser registriert wurden, sagte Mauger: «Es scheint keinen Zusammenhang zwischen den Geräuschen und dem Standort auf dem Meeresboden zu geben.»

Das sagt die Betreiberfirma: Oceangate, die Betreiberfirma der «Titan», kondolierte den Familien. Die fünf Männer an Bord seien «echte Forschungsreisende» gewesen, mit «speziellem Abenteuergeist und einer tiefen Leidenschaft für die Erforschung und den Schutz der Meere der Welt».

So reagierten die Angehörigen: Die Familie des Insassen Hamish Harding, der mehrere Guinness-Weltrekorde hielt und bereits ins All gereist war, teilte mit: «Was er in seinem Leben erreicht hat, war wirklich bemerkenswert, und wenn wir aus dieser Tragödie einen kleinen Trost schöpfen können, dann ist es, dass wir ihn bei dem, was er liebte, verloren haben.»

Tauchboot der Oceangate
Legende: An Bord der «Titan» waren der Franzose Paul-Henri Nargeolet, der britische Abenteurers Hamish Harding, der britisch-pakistanische Unternehmensberater Shahzada Dawood und dessen 19-jähriger Sohn Suleman sowie der Chef der Betreiberfirma Oceangate, Stockton Rush, der das Boot steuerte. Reuters/OCEANGATE EXPEDITIONS

Der Stiefsohn von Paul-Henri Nargeolet sagte dem Sender CBS News: «Ich denke, es bedeutet sehr viel, dass er seine letzten Momente in der Nähe eines Ortes verbracht hat, die ihm so viel bedeutet hat.»

So geht es weiter: Die Küstenwache kündigte an, ihre Suche zurückzufahren. «Wir werden im Laufe der nächsten 24 Stunden damit beginnen, Personal und Schiffe vom Unfallort abzuziehen», sagte Mauger weiter. Die Operationen auf dem Meeresboden würden jedoch bis auf Weiteres fortgesetzt. Im Moment konzentriere man sich darauf, den Ort zu dokumentieren.

Das könnte folgen: Angesichts von Berichten über schlechte Sicherheitsvorkehrungen für das vermisste Tauchboot erwarten Experten Konsequenzen. «Es wird sicherlich eine Untersuchung nach dieser Katastrophe geben, und deutlich striktere Regeln und Vorschriften werden eingeführt werden», sagte der Chef der auf «Titanic»-Ausstellungsstücke spezialisierten Firma White Star Memories dem Sender CNN.

Seit Sonntag vermisst

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Das Tauchboot mit fünf Menschen an Bord war am Sonntag auf einem Tauchgang zum Wrack der «Titanic» aufgebrochen. Etwa eine Stunde und 45 Minuten nach Beginn des Tauchgangs riss der Kontakt zum Mutterschiff ab. Dem Betreiber Oceangate Expeditions zufolge war Sauerstoff für 96 Stunden vorhanden.

Im Einsatzgebiet rund 700 Kilometer südlich der kanadischen Insel Neufundland hatten Trupps aus den USA und Kanada eine grossangelegte Suche sowohl an der Wasseroberfläche als auch in der Tiefe des Ozeans gestartet. Dabei waren Schiffe, Flugzeuge, ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge, Tauchroboter und andere Gerätschaften im Einsatz.

Tagesschau, 23.06.2023, 12:45 Uhr ; 

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