Die Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi zwingt die westlichen Länder zu reagieren. Deutschland etwa friert vorläufig die Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien ein. Andere Länder verschärfen ihre Rhetorik gegenüber dem saudischen Regime. Oder Besuche werden abgesagt. Doch alles in allem zeigt sich: Zu einschneidenden Schritten ist vorläufig niemand bereit.
Trotz aller Behauptungen, Ausflüchte, Widersprüche und Lügen aus Riad: Von Tag zu Tag wird offenkundiger, dass Saudi-Arabien und dessen starker Mann, Kronprinz Mohammed bin-Salman, hinter der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi in Istanbul stecken.
Doch die Welt lässt sich Zeit mit Reaktionen. Gewiss: Einzelne Firmenchefs und Minister bleiben einer hochrangigen Investorenkonferenz in der Ölmonarchie fern. Europäische Regierungen fordern resolut volle Transparenz. US-Präsident Donald Trump droht einerseits vage, macht aber andererseits klar: Die Handelsbeziehungen, vor allem die Rüstungsgeschäfte, stehen nicht zur Debatte.
Letztere einstweilen aussetzen will nun immerhin die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel – es ist der bisher konkreteste Schritt. Und er ist nicht allzu teuer, da Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien in der deutschen Aussenhandelsbilanz eine vernachlässigbare Rolle spielen.
Neben Empörung geschieht nicht viel
Auffallend ist eher, wie wenig passiert, neben der allseits geäusserten Empörung. Der Druck auf das saudische Regime bleibt vorläufig bescheiden. Von koordinierten Finanz- und Wirtschaftssanktionen kann keine Rede sein. Strafmassnahmen wie Einreisesperren oder Kontensperrungen gegen Regime-Mitglieder bleiben aus.
Weder trat bisher der UNO-Menschenrechtsrat zu einer Sondersitzung zusammen, noch hat sich der UNO-Sicherheitsrat überhaupt mit der Tötung Khashoggis befasst – anders als im Frühjahr mit dem Giftangriff auf den russischen Ex-Spion Skripal in Grossbritannien.
Moral darf nichts kosten
UNO-Generalsekretär António Guterres schliesst sich zwar Menschenrechts- und Pressefreiheitsorganisationen an, die eine unabhängige internationale Untersuchung fordern. Doch zu einer solchen müssten die direkt betroffenen Staaten Türkei und Saudi-Arabien Hand bieten.
Der Eindruck bleibt: Moral in der Politik wird gern gefordert. Doch sobald sie etwas kostet, lässt man es damit doch lieber bleiben.