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Fall «Magnitski» Russland hat mehrfach gegen Menschenrechte verstossen

  • Russland hat nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) mehrfach gegen die Menschenrechte verstossen.
  • Das stellt der EGMR im Fall des im Gefängnis zu Tode gekommenen kremlkritischen Anwalts und Wirtschaftsprüfers Sergej Magnitski fest.
  • Der Gerichtshof mit Sitz in Strassburg verurteilte Russland zur Zahlung von rund 34'000 Euro Entschädigung an die Ehefrau und die Mutter Magnitskis.

Der Mann habe Unrecht aufgedeckt – ihm sei deshalb selber Unrecht widerfahren. Zu dieser Einschätzung gelangte schon vor einiger Zeit der Schweizer Andreas Gross als Abgeordneter im Europarat in einem Bericht. Dieser Einschätzung über das Schicksal von Sergej Magnitski schliesst sich nun der Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg an.

Der Klage der Angehörigen von Magnitski, seiner Frau und seiner Mutter, geben die Richter in fast allen Punkten recht. Sie sprechen eine moralische Genugtuungssumme von 34'000 Euro aus. Magnitski hat von alledem nichts mehr: Er starb 2009 in der Untersuchungshaft unter mysteriösen, bis heute nicht geklärten Umständen, zumal die russischen Autoritäten eine Obduktion der Leiche verboten.

Schwere Menschenrechtsverletzungen

Magnitski, so das Gericht, sei in russischer Untersuchungshaft schwer misshandelt worden. Man habe ihm die medizinische Betreuung verweigert. Es sei keine Untersuchung der Todesursachen erfolgt und die posthume Verurteilung von Magnitski sei nicht korrekt gewesen.

Insgesamt sind dies schwere und mannigfaltige Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und eine Schlappe für Russland. Zu keinem Urteil kommen die Strassburger Richter darüber, ob Magnitski sich selber der Hilfe bei der Steuerhinterziehung schuldig gemacht hat.

Der ganze Fall riecht stark nach einer Fehde hoher korrupter Beamter im Moskauer Innenministerium, denen Magnitski schwere Vergehen nachweisen konnte und gegen die er als Zeuge aussagen sollte.

Russland schaltete Interpol ein – vergebens

Zu seinen Informationen gelangte er als Wirtschaftsprüfer und Steuerexperte durch seine Tätigkeit für die amerikanische Managementfirma Hermitage Capital. Diese war damals einer der grössten ausländischen Investoren in Russland, musste sich aber unter massivem Druck der russischen Behörden später aus dem Land zurückziehen.

Ihrem Mitgründer Bill Browder wurde die Wiedereinreise nach Russland verweigert. Moskau versuchte gar, Browder und Magnitski mittels eines Interpol-Haftbefehls ausgeliefert zu bekommen. Doch Interpol verweigerte, einen solchen Fahndungsaufruf auszustellen, da es sich um eine politisch motiviertes Ersuchen handelte.

US-Parlament schafft «Magnitski-Gesetz»

Weil Browder in den USA erfolgreich für sich selber und für Magnitski lobbyierte, nahm sich die damalige Aussenministerin Hillary Clinton des Falls an. In der Folge beschloss das US-Parlament sogar das sogenannte Magnitski-Gesetz, das zahlreichen hohen russischen Beamten die Einreise in die USA verbot. Ihre Konten wurden gesperrt.

Russland reagierte empört und verhängte Gegensanktionen gegen die USA. Der Fall Magnitski vergiftete das Klima zwischen Moskau und Washington erheblich und nachhaltig. Das Magnitski-Gesetz gilt heute als Vorläufer der amerikanischen Sanktionen gegen Russland.

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