Kataloniens Ex-Präsident Carles Puigdemont ist in Deutschland festgenommen worden. Zuvor hatte die spanische Justiz am Freitag mehrere europäische Haftbefehle gegen Separatistenführer erlassen. Journalistin Julia Macher hält in Barcelona derweil so etwas wie ein Zusammenrücken der politischen Kräfte für denkbar.
SRF News: Was bedeutet die Festnahme Puigdemonts für den politischen Prozess im Katalonien-Konflikt?
Julia Macher: Sie ist auf jeden Fall ein Wendepunkt. Der Handlungsspielraum ist auch für die anderen Politiker, die damals zusammen mit Puigdemont das Land verlassen haben, eng geworden. So hat sich die ehemalige Erziehungsministerin Clara Ponsati, die mittlerweile an einer schottischen Universität lehrt, heute den Behörden gestellt. Und bereits am Freitag ist die Stimmung hier gekippt, als fünf weitere katalanische Politiker in Untersuchungshaft kamen. Heute bringen Tausende bei Demonstrationen ihren Unmut zum Ausdruck. Die Forderung nach einem Generalstreik ist zu hören, die Stimmung ist gereizt.
Welche Folgen könnte das Vorgehen der Justiz auf politischer Ebene haben?
Das muss sich zeigen. Verschiedene katalanische Parteien haben zu einer Krisensitzung und dem Versuch aufgerufen, ein grosses «Bündnis für Demokratie» und gegen den vermeintlichen «Angriff auf den Rechtsstaat» zu bilden.
Seit Freitag sitzt auch Jordi Turull in Haft, der am Samstag vom Parlament in Barcelona zum neuen Regionalpräsidenten gewählt werden sollte. Gibt es in dieser Frage eine baldige Lösung?
Zumindest hörten sich Aussagen verschiedener Parlamentarier danach an. Die Links-Republikaner haben sehr stark für ein Bündnis geworben, das über die Unabhängigkeitsparteien hinausgeht. In diese Richtung haben sich auch die Sozialisten, die eine Unabhängigkeit ablehnen, und die in dieser Sache neutrale katalanische Podemos-Variante geäussert.
Ein neuer Kandidat muss erst noch gefunden werden.
Ein mögliches Szenario scheint ein neuer Kandidat, der die Unterstützung all dieser Kräfte finden könnte. Allerdings muss dieser erst noch gefunden werden.
Wie verhält sich denn die Regierung in Madrid derzeit? Gibt es da auch Zeichen der Versöhnung?
Bisher nicht. Ministerpräsident Rajoy hat zwar wiederholt seine Bereitschaft bekundet, einen in keine juristischen Verfahren verwickelten Kandidaten zu akzeptieren. Bisher hat die Justiz Kandidaten jedoch stets quasi kaltgestellt, konkrete politische Lösungsversuche gab es bisher nicht.