- In einem Prozess um fragwürdige Millionengeschäfte ist erstmals in der Geschichte der römisch-katholischen Kirche ein Kardinal von einem Gericht im Vatikan zu einer Haftstrafe verurteilt worden.
- Der Gerichtshof des Vatikans verhängte gegen den italienischen Kardinal Angelo Becciu wegen seiner Verwicklungen in einen Immobilienskandal eine Haftstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten.
- Noch nie zuvor war ein Kurienkardinal von einem Vatikan-Gericht zu einer Haftstrafe verurteilt worden.
- Beccius Anwälte kündigten an, gegen das Urteil Einspruch einzulegen.
Der Vatikan-Strafverfolger Alessandro Diddi forderte für den 75-jährigen Kardinal Becciu ursprünglich eine Haftstrafe von sieben Jahren und drei Monaten sowie eine hohe Geldstrafe. Mit ihm waren neun weitere Menschen angeklagt.
Fragwürdiger Millionendeal
Der Strafprozess zählt zu den bislang grössten im Vatikan. Erstmals stand ein hochrangiger Kardinal als Angeklagter vor Gericht. In dem seit mehr als zwei Jahren andauernden Prozess ging es im Kern um den verlustreichen Kauf einer Luxusimmobilie im Londoner Stadtteil Chelsea durch das vatikanische Staatssekretariat. Becciu war dort mehrere Jahre ein wichtiger Abteilungsleiter. Das Geschäft ging schief, weil der Vatikan mehr Geld investierte als geplant. Am Ende ergab sich ein Verlust in dreistelliger Millionenhöhe.
Die Ermittlungen rund um den fragwürdigen Millionendeal in London deckten unterdessen weitere krumme Geschäfte und Machenschaften innerhalb des Vatikans auf. Die vatikanische Strafverfolgung warf dem Kardinal und neun weiteren Angeklagten unter anderem Erpressung, Geldwäsche, Betrug, Korruption, Veruntreuung und Amtsmissbrauch vor.
Massiver Imageschaden
Der Prozess sorgte für einen massiven Imageschaden für den Vatikan. In Folge der Vorwürfe verlor der gebürtige Sarde Becciu seine Rechte als Kardinal und hätte damit auch bei einer Papstwahl (Konklave) nicht dabei sein dürfen. Allerdings durfte Becciu, der einst selbst als «papàbile», also als möglicher Anwärter auf das Papstamt, galt, sich weiter «Kardinal» nennen. Papst Franziskus zog ihn damals zudem von der Position des Leiters der Behörde für Heilig- und Seligsprechungsprozesse ab.
Der Papst und die Vatikanverwaltung zogen aus dem Immobilienskandal Konsequenzen. Der Pontifex ordnete danach die Zuständigkeiten in der Kurie neu. Er entzog dem mächtigen Staatssekretariat und anderen Behörden des Heiligen Stuhls die Verfügungsgewalt über Vermögenswerte. Diese obliegt nun der vatikanischen Güterverwaltung (Apsa) sowie der Vatikanbank (IOR).