Viele Asylbewerberinnen und -bewerber in Griechenland haben bisher mit ihren Familien in einer Wohnung gelebt. Es wurde mit EU-Geldern finanziert und im Rahmen des staatlichen Wohnungsprogramms Estia durchgeführt. Jetzt müssen alle raus – die griechische Regierung hat das Programm eingestellt.
Davon betroffen ist auch eine dreifache Mutter aus dem Kongo. Mithilfe eines Dolmetschers wird sie vom Athener Büro des Griechischen Rat für Flüchtlinge (GRF) aus telefonisch beraten.
Auch ein Kinderarzt war in der Nähe. Es ging uns sehr gut.
«Es war ein Schock», sagt sie. In der Wohnung habe sie selber kochen können, die Kinder hätten Platz zum Spielen gehabt. «Auch der Kinderarzt war in der Nähe. Es ging uns sehr gut.»
Von Athener Altstadt ins Camp
Vor zwei Wochen musste die Frau die Wohnung in der Athener Innenstadt verlassen. Jetzt ist sie mit ihren Kindern im Flüchtlingslager von Ritsona untergebracht, etwa 80 Kilometer von Athen entfernt. Die nächstgelegene Stadt Chalkida ist nur schwer mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.
Es ist sehr kalt hier. Gestern hatten wir überhaupt kein warmes Wasser.
Im Camp gebe es Probleme, sagt die Frau. «Es ist sehr kalt hier. Gestern hatten wir überhaupt kein warmes Wasser. Die Kinder essen das Essen hier nicht. Mir geht es nicht gut. Ich fühle mich sehr alleine, ich habe niemanden, mit dem ich sprechen kann.» Wie dieser Frau geht es vielen Menschen, zu denen GRF Kontakt hat.
Kritik von Flüchtlingshelfern
Der Sprecher der Organisation, Spyros Ikonomou, kritisiert die Entscheidung der griechischen Regierung, das staatliche Wohnungsprogramm für Asylsuchende einzustellen.
In den Wohnungen hätten die Menschen würdevoll leben können. «Es war auch leichter für sie, sich in die griechische Gesellschaft zu integrieren.» Kranke Menschen seien ärztlich gut versorgt worden, die Kinder gingen in die örtliche Schule. «Das alles ist in einem abgelegenen Camp nicht mehr gewährleistet.»
Es war leichter für sie, sich in die griechische Gesellschaft zu integrieren.
Die griechische Regierung begründet das Ende des Wohnungsprogramms damit, dass es in den Flüchtlingslagern jetzt wieder viele freie Plätze gebe – dies im Gegensatz zu früher. Auch hätten sich dort die Lebensbedingungen verbessert, deshalb sei das Programm nicht mehr nötig.
Viele könnten auf der Strasse landen
GRF-Sprecher Ikonomou befürchtet, dass jetzt viele Geflüchtete in der Obdachlosigkeit enden könnten. Denn wer sich weigert, im staatlichen Aufnahmesystem unterzukommen, der bekommt auch keine finanzielle Hilfe mehr.
Er sagt, zumindest für bestimmte Fälle sollte es weiterhin eine Alternative zum Camp geben: «Es gibt Geflüchtete, die Angst haben, dass sie im Camp vom Geheimdienst ihrer Heimat entdeckt werden. Oder sie haben früher in einem Camp traumatische Erfahrungen gemacht.» Diese Menschen könnten nun auf der Strasse landen.
Hätte sie die Wahl, wäre auch sie in ihrer Wohnung geblieben, sagt die dreifache Mutter aus dem Kongo. Sie hofft, dass ihr Asylverfahren schnell bearbeitet wird und sie einen positiven Bescheid bekommt. Dann werde sie das Lager verlassen und versuchen, ein eigenständiges Leben zu führen – «in Athen, wo ich noch vor kurzem mit meinen Kindern gelebt habe.»