Rund 15 Patienten am Tag, alle aus Moria, werden im Mental Health Center in der Innenstadt von Mytilini von ihr und ihren Kollegen betreut, sagt die Psychologin Dimitra Mantziou: «Zu uns werden die schweren Fälle geschickt – Leute, die Halluzinationen haben, die sehr verwirrt sind.»
Zu uns werden die schweren Fälle geschickt – Leute, die Halluzinationen haben, die sehr verwirrt sind.
Manche wissen nicht, wo sie sich befinden. Oft hätten sie auch körperliche Probleme, ihre Gesundheit sei körperlich und seelisch belastet.
Täglich mit alten Traumata konfrontiert
Die meisten Patienten hätten schon in ihrer Heimat oder auf der Flucht traumatische Erlebnisse gehabt. Im staatlichen Flüchtlingslager von Moria seien sie nun mit Situationen konfrontiert, die sie jeden Tag aufs Neue an diese Erlebnisse erinnerten, sagt die Psychologin: «Viele unserer Patienten haben Folter und Polizeigewalt erlebt. Dass sie nun in Moria leben müssen, wo es Polizisten und Soldaten gibt, macht ihnen unglaublich Angst.»
Sie könnten nachts nicht schlafen, hätten Albträume – und dann sei auch noch die Hoffnungslosigkeit. «Sie hatten die Hoffnung, dass sie sich in Europa sicher fühlen würden, und fragen sich: ‹Was hatte das Ganze für einen Sinn?›»
Suizidgedanken sind weit verbreitet
Laut einer aktuellen Studie der Hilfsorganisation International Rescue Committee hat jeder Dritte der Patienten von Moria schon einmal versucht, sich das Leben zu nehmen. Mehr als die Hälfte haben in der Therapie Suizidgedanken geäussert. Die Probleme im Lager kann Dimitra Mantziou nicht lösen, sie versucht aber, ihren Patienten wieder einen Lebenssinn zu geben.
Ein erstes Anzeichen, dass es den Patienten besser gehe, sei ihr äusseres Erscheinungsbild, sagt sie. «Wenn die Männer plötzlich frisch rasiert zu uns kommen und zum Beispiel die Frauen aus Afrika mit frisch geflochtenen Zöpfen, ist das ein erster Schritt zur Selbstpflege. Das zeigt uns: Es geht voran.»
Tatsächlich versucht die griechische Regierung zurzeit das Camp von Moria zu entlasten. Seit September sind rund 2000 Flüchtlinge aufs Festland gebracht worden. Immer noch sitzen aber nach offiziellen Angaben rund 7500 Flüchtlinge in Moria fest – mehr als doppelt so viele wie die Kapazitäten des Camps erlauben.