- Die Versuche, schutzbedürftige Menschen aus Afghanistan zu evakuieren, sind in vollem Gange. Eine zentrale Rolle spielt dabei Spanien.
- Die US-Truppen, die den Flughafen in Kabul sichern, wollen bei der Evakuierung noch stärker mit der spanischen Regierung zusammenarbeiten.
- Erste Flüge haben bereits stattgefunden, und in der Nähe des Militärflughafens in Madrid wurde ein Erstaufnahmezentrum errichtet.
In der Nacht von Sonntag auf Montag sind 177 Menschen, darunter 110 spanische Staatsbürger und 67 Ortskräfte der USA, nach Spanien ausgeflogen worden. Insgesamt sind mittlerweile rund 450 Menschen aus Afghanistan in Madrid gelandet und werden dort auch versorgt.
Enge Beziehungen zu den Amerikanern
Die Anzahl evakuierter Menschen ist momentan zwar noch überschaubar, aber wieso schafft Spanien das, was viele andere EU-Staaten bislang erfolglos versuchen – Menschen aus Kabul hinauszufliegen? «Die Spanier haben einen ganz guten Draht zu den Amerikanern, die ja den Flughafen in Kabul kontrollieren, aufgebaut», sagt Ute Müller. Sie berichtet für die «Neue Zürcher Zeitung» aus Madrid.
Am Donnerstagabend habe Spaniens Aussenminister José Manuel Albares mit Antony Blinken, seinem Amtskollegen in Washington, telefoniert und habe darum gebeten, dass die spanischen Flugzeuge problemlos starten und landen können. Dies sei eine «neue, enge Beziehung zu den USA, die vorher in der Form nicht bestanden hat».
Nach ihrer Ankunft werden die evakuierten Afghaninnen und Afghanen in ein Erstaufnahmelager gebracht. «Dort werden sie erst mal medizinisch versorgt, PCR-Tests werden gemacht und so weiter», erklärt Ute Müller.
Weiterflug nach spätestens drei Tagen
In der neuen Zeltstadt am Militärflughafen sei ein Aufenthalt von maximal 72 Stunden vorgesehen. Dann folge die Weiterverteilung in andere EU-Länder, die bereit sind, sie aufzunehmen. Dazu gehören neben Deutschland auch Länder wie Polen oder Litauen.
Die afghanischen Ortskräfte der Amerikaner werden in den zwei noch bestehenden US-Stützpunkten in Cadiz und Morón de la Frontera untergebracht und sollen von dort nach Washington gebracht werden.
Für Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez ist die Hilfsaktion besonders gut, denn er war, als die Lage sich in Kabul letzte Woche dramatisch zugespitzt hatte, auf Tauchstation geblieben, wie die Korrespondentin erläutert. «Er war auf Lanzarote in den Ferien, er hat sich von dort aus nicht gemeldet und hat das alles seinen Ministern überlassen.» Das habe bei der Opposition für viel Kritik gesorgt.
Nun konnte Sánchez Spanien mit dieser neuen Zeltstadt, die in einer Nacht- und Nebelaktion aus dem Boden gestampft wurde und eine Kapazität von 800 Leuten hat, als wichtiger EU-Partner und als funktionierendes Land präsentieren. «Für Sánchez ist es auf jeden Fall ein wichtiger innen- wie auch aussenpolitischer Erfolg», so Ute Müller.