Sommer 1977. In Memphis stirbt der «King» – Elvis Presley. In Florida schiessen kurz nacheinander zwei neue Raumsonden in den Himmel, die viel später ebenso Kultstatus erreichen: Voyager 1 und 2 der Nasa.
Thomas Zurbuchen von «ETH Zürich Space» ist seit frühester Kindheit fasziniert von dieser Mission: «Das erste Buch über die gerade gestartete Voyager-Mission lag unter dem Weihnachtsbaum», erzählt der heute 56-jährige Astrophysiker. Dass er dereinst für sechs Jahre, bis 2022, wissenschaftlicher Leiter der US-Weltraumbehörde Nasa und damit direkt zuständig für die Voyager-Mission wird, stand damals noch in den Sternen.
Voyager hat unser Verständnis vom Sonnensystem und dessen Umgebung in der Galaxie verändert.
Noch heute ist er beeindruckt: «In jedem Schulbuch der Welt gibt es nur ein Bild von Neptun, jenes von Voyager.» Die Voyager-Sonden haben als erste das ganze eiskalte äussere Sonnensystem durchflogen und den Menschen auch die Planeten Uranus, Jupiter und Saturn nähergebracht: «Voyager hat unser Verständnis vom Sonnensystem und dessen Umgebung in der Galaxie verändert.»
Heute befinden sich die beiden Sonden nicht mehr in unserem Sonnensystem, sondern schon seit ein paar Jahren im interstellaren Raum – in den Weiten zwischen den Sternen und ihren Planeten.
Enorme Distanzen im Sternenstaub
Peter Wurz vom Institut für Physik der Universität Bern erforscht dieses Neuland, wo es praktisch keine von der Sonne erzeugte Materie mehr gibt: «Die Sonden sind jetzt weit weg von der Sonne bei ungefähr 135 astronomischen Einheiten, was 135 Mal der Distanz zwischen Erde und Sonne entspricht. Es ist finstere Nacht und keine Objekte fliegen vorbei.»
Es sind Teilchen, die sonst nie gemessen werden könnten, weil nur die energiereichsten ins Innere des Sonnensystems eindringen.
Was es hingegen hat, ist verdünntes Gas, Sternenstaub und hochenergetische Teilchen: Es sind Teilchen, die sonst nie gemessen werden könnten, weil sie nicht ins Innere des Sonnensystems eindringen oder bestenfalls nur jene Teilchen mit der allerhöchsten Energie, wie Wurz erklärt.
Diese energiereichen kosmischen Teilchen kommen meist aus unserer Galaxie, der Milchstrasse, und sind ziemliche Exoten, denn sie haben eine besondere chemische Zusammensetzung. Sie verraten zum Beispiel, ob sie von einem explodierenden Stern stammen und was für ein Stern das sein könnte. Und sie erzählen damit mehr über die Geschichte der Milchstrasse.
Eine Quelle für Generationen von Forschern
Allerdings sind in den Voyager-Sonden immer weniger Instrumente funktionstüchtig. Ein Grossteil wurde abgeschaltet, um Strom zu sparen. Die beiden «Oldies» sind schliesslich schon stolze 47 Jahre im All statt wie ursprünglich geplant vier Jahre bis zum Saturn.
Daher schwächeln sie zunehmend. Die Ingenieure mussten die Voyager 1 dieses Jahr gleich zweimal reparieren – in komplizierten Fernmanövern. Die Funksignale waren wegen der riesigen Distanzen 46 Stunden unterwegs, je 23 Stunden hin und zurück. Das gelang laut Zurbuchen, weil die Sonden viel einfacher gebaut sind als die heutigen Satelliten: «Das macht es einfacher, und die Leute, die daran arbeiten, kennen jeden Bereich im Detail.»
Den Sonden geht allerdings allmählich der atomare Brennstoff aus, der sie antreibt und heizt. Für den Ex-Nasa-Mann ist es gut denkbar, dass sie eines Morgens verschwunden und nicht mehr auffindbar sind. Sie könnten aber auch noch ein paar Jahre durchhalten.
Bis 2030 ist eine wissenschaftliche Datenübermittlung denkbar, danach können sie möglicherweise noch für eine gewisse Zeit auf ihrer fast unendlichen Reise weiterverfolgt werden.