Am Tag nach dem Ende der olympischen Winterspiele von Sotschi geht Russland rasch zum Alltag über. Fragen an Peter Gysling zur Bedeutung der Spiele für Russlands starken Mann Wladimir Putin, zu den Menschenrechten und zu den Umwälzungen in der Ukraine.
SRF: Ist Sotschi ein riesiger Erfolg für Putin?
Gysling: Ja, vor allem weil es keine Terroranschläge gab. Auch das Wetter war gut und die Schneeverhältnisse waren ausreichend. Russland hat der Welt bewiesen, dass es solche grossen Spiele durchführen kann. Zudem hat Russland die meisten Medaillen erkämpft.
Hat Sotschi ein «neues Gesicht Russlands» gezeigt, wie es der IOC-Präsident formulierte?
Da bin ich skeptischer. Dies gilt vor allem bei den Menschenrechten, wo es auch während dieser Spiele nicht wirklich lupenrein zugegangen ist. So ist nahe bei Sotschi der Ökologe Jewgeni Witischko zu drei Jahren Arbeitslager verurteilt worden, weil er gegen die olympischen Bauten und die Eingriffe ins Naturschutzgebiet protestiert hatte. Trotz mehrmaligen Appellen von Menschenrechtsorganisationen hat auch das IOC kaum auf Ungereimtheiten bei der Menschenrechtslage in Russland hingewiesen.
Was bedeutet die Haltung Russlands für die Zeit nach den Spielen?
Das wird sich bald zeigen, stehen doch am Montag in Moskau acht Menschen vor Gericht, die vor zwei Jahren an einer bewilligten Demonstration gegen Putin teilgenommen hatten.
Was ist von Putin zum Machtwechsel in der Ukaine zu erwarten?
Putin waren während der Spiele die Hände gebunden. Er wird wohl nun demnächst reagieren, sitzt er doch zumindest indirekt am Geldhahn für die Ukraine. Der Russlandfaktor in der Ukraine darf nicht unterschätzt werden. Auch die Wünsche der Menschen im Osten des Landes sind zu berücksichtigen. Es geht nicht an, dass bloss eine Gruppierung die ganze Macht übernimmt.
Was könnte jetzt passieren?
Russland hat der Ukraine einen Kredit über 15 Milliarden Dollar zugesagt. Zwei Milliarden sind ausgezahlt. Die Auszahlung einer weiteren, gleich grossen Tranche hat Russland angesichts der aktuellen Verhältnisse in Kiew bereits gestoppt.
Das Gespräch führte Nicoletta Cimmino.