Um was geht es? In Österreich wurden jüngst mehrere Frauen getötet. Eine 35-jährige Frau wurde mutmasslich von ihrem Ex-Freund erschossen. Das gleiche Schicksal erlitten eine 50-Jährige und ihre Mutter. Davor war eine Kioskverkäuferin von ihrem Ex-Partner angezündet worden und starb. Seit Anfang Jahr sind somit bereits elf Frauen getötet worden. Die Femizide sorgten für einen Aufschrei in Medien und Politik, bis hoch zu Bundespräsident und Bundeskanzler. Der Tenor ist eindeutig: Wir müssen etwas tun. Kanzler Sebastian Kurz verspricht etwa mehr Geld für Opferhilfe-Organisationen.
Warum wird der Fall so intensiv diskutiert? Der mutmassliche Mörder der 35-Jährigen ist vor Jahren durch einen Prozess aufgefallen. Damals hatte er der grünen Klubobfrau Sigrid Maurer sexistische Nachrichten geschrieben, die sie veröffentlicht hat. Er hat sie daraufhin verklagt. «Diese Tötung, die mutmasslich er begangen hat, ist das Symbolbild, dass Gewalt eben nicht mit körperlicher Gewalt beginnt, sondern schon früher», sagt Eva Linsinger, Leiterin Innenpolitik beim österreichischen Nachrichtenmagazin «Profil».
Was hat diese Debatte zum Vorschein gebracht? Vor zwei Jahren war Österreich noch ein «Vorreiterland», wie Linsinger es nennt: Dank dem Wegweiserecht durfte die Polizei Gewalttäterinnen und -täter auch aus der eigenen Wohnung wegweisen und ein Betretungsverbot verhängen. Mittlerweile hinkt Österreich aber hinterher. Beispielsweise stehen nur im Bundesland Wien die gemäss Istanbul-Konvention geforderten Anzahl Plätze in Frauenhäusern zur Verfügung. Zudem wurde laut Linsinger lange davon ausgegangen, dass Gewalt vor allem von Migranten verübt wird.
Warum gab es diese Kehrtwende? Politisch gesehen wurde von verschiedenen Seiten ein starker Fokus auf Zuwanderung und Migration gelegt. Weiter hat das Frauenministerium ein kleines Budget von 15 Millionen Euro pro Jahr. «Pro Opfer und Jahr gibt es derzeit Ressourcen von fünf Stunden pro Jahr», erläutert Linsinger. Und auch die Medien spielen eine Rolle. So berichteten kürzlich zwei ehemalige Moderatorinnen live im Fernsehen über sexuelle Belästigung durch einen Medienmanager, der dies bestreitet.
Wie geht es weiter? Die versprochenen Massnahmen gehen laut der Journalistin in die richtige Richtung. Es sind weitere Gipfel geplant. Die Bundesregierung hat für kommende Woche einen runden Tisch angekündigt. Schon 2018 und 2019 gab es in Österreich sehr viele Frauenmorde und einen runden Tisch. Umgesetzt wurde dann allerdings wenig, so Linsinger. «Es hoffen eigentlich alle, dass es diesmal nicht beim Versprechen bleibt und dass der Elan, der jetzt an den Tag gelegt wird, von der Regierung, von der Politik, nicht wieder erlahmt, wenn ein anderes Thema in den Schlagzeilen ist.»