Die jugendlichen Gewalttäter sind fast immer männlich, im Schnitt zwischen 15 und 16 Jahre alt. Und sie schlagen in ihrer Freizeit zu, wenn sie ohne elterliche Kontrolle mit den Kollegen unterwegs sind, wie der leitende Zürcher Jugendanwalt Marcel Riesen-Kupper sagt.
«Zum Beispiel begegnen sich spätabends zwei Gruppen zufällig. Man hat viel Alkohol getrunken, ist leicht reizbar, und man sucht vielleicht einen Grund, um einen Streit herzustellen. Und dann gibt es eine Schlägerei oder ein Jugendlicher schlägt auf einen anderen ein.»
Corona hatte keinen grossen Einfluss
Die strengen Corona-Massnahmen letztes Jahr hätten auf solche Dynamiken keinen grossen Einfluss gehabt, so Riesen-Kupper. Es zeige sich schon länger, dass viele der jugendlichen Gewalttäter eine sehr unstrukturierte Freizeit hätten.
«Auf die Frage nach einem Hobby kommt die Antwort Herumhängen, Chillen. Dann trifft man sich eben und wartet auf ein bisschen Action. Wenn dann nichts läuft und jemand hat eine Idee, macht man vielleicht auch unüberlegt mit.»
Diese Beobachtung von der Gewalt aus Langeweile macht auch Monika Egli Alge. Sie leitet das Institut Forio, das Verhaltenstherapien für jugendliche Gewalttäter anbietet. «Was besonders prominent im Jugendalter auftritt, ist der Einfluss der Peer-Gruppe. Und wenn hier eine dysfunktionale Struktur herrscht und die Peer-Gruppe wenig Korrektur von aussen erfährt, kann das im Extremfall zu diesen Gewalttaten führen.»
Vermehrt Fussfesseln im Einsatz
Deshalb verhängt die Zürcher Jugendanwaltschaft nach gewalttätigen Vorfällen nicht nur Strafen – etwa mehrtägige Arbeitseinsätze – sondern auch Kontakt- und Rayon-Verbote. Die jugendlichen Täter dürfen sich dann während einer gewissen Zeit nicht mehr mit bestimmten Leuten treffen oder sich in einem gewissen Gebiet aufhalten.
Sichergestellt wird dies immer häufiger mit einem Mittel, das aus dem Erwachsenen-Strafvollzug bekannt ist: Electronic Monitoring. Die Jugendlichen müssen einen GPS-Sender auf sich tragen, der die Behörden konstant über ihren Aufenthaltsort informiert, wie der Zürcher Jugendanwalt Riesen-Kupper sagt.
«Wir haben Fälle, bei denen es angezeigt ist, dass wir über einen körpernahen GPS-Sender Kenntnis haben, ob jemand die Vorgaben auch einhält. Es wird ein Ziel sein, dass wir dieses Instrument wohl noch häufiger einsetzen. Wir bewegen uns zwischen 20 und 50 Fällen pro Jahr.»
Im besten Fall führe diese zusätzliche Kontrolle dazu, dass die Jugendlichen wieder mehr Teil des Familienlebens daheim seien. Und das habe einen positiven Einfluss, so Riesen-Kupper.
Kontrolle allein reicht nicht
Auch Fachpsychologin Monika Egli Alge begrüsst den Einsatz von Electronic Monitoring: «Das hilft den Jugendlichen im Grunde, sich besser an die Regeln zu halten. Die Jugendlichen können mit dem Electronic Monitoring viel besser in ihr soziales Umfeld integriert bleiben. Und sie haben doch irgendwo das Wissen: Man kontrolliert mich.»
Fachleute sind sich aber einig: Kontrolle allein genügt nicht. Es brauche eine breite Palette von Massnahmen, um die seit fünf Jahren zunehmende Jugendgewalt in der Schweiz wieder in den Griff zu bekommen. Und das dürfe man nicht nur den Behörden überlassen.
Es brauche ein Engagement der ganzen Gesellschaft, der Schulen und Vereine und nicht zuletzt der Eltern – damit es nicht in Gewalt endet, wenn sich ihre Kinder langweilen.