Rund ein Dutzend Staats- und Regierungschefs und noch mehr Minister nahmen an der (virtuellen) Eröffnungssitzung des UNO-Menschenrechtsrates teil. Das gab es schon lange nicht mehr. Das Interesse ist erfreulich. Es unterstreicht die Bedeutung des Rates. Und zeigt zugleich, dass sich viele Regierungen bewusst sind, wie zentral die Debatte über Menschenrechte ist.
Denn exakt hier spielt sich eine der grössten Auseinandersetzungen, eine der schärfsten Rivalitäten der Gegenwart ab: Es geht letztlich darum, ob die künftige Weltordnung von demokratisch-rechtsstaatlichen oder aber von autoritären Systemen geprägt sein wird. Der Ausgang ist offen.
Die USA sind «sehr aktive» Beobachter
Dass die USA als, wie sie selber sagen, «sehr aktiver» Beobachter in den Menschenrechtsrat zurückkehren, stärkt zunächst das westliche Lager. Die Europäer haben sehr darauf gehofft, dass die USA unter Joe Biden wieder mitziehen. Und der neue Präsident hat die Rückkehr als eine seiner ersten Amtshandlungen verfügt. Sehr engagiert im Rat sind jedoch auch China und Russland und ihnen nahestehende, beziehungsweise von ihnen abhängige Länder.
Diese engagierte Präsenz verleiht dem Menschenrechtsrat mehr Gewicht. Das internationale Augenmerk richtet sich verstärkt auf ihn. Die Konstellation birgt aber zugleich die Gefahr, dass der Menschenrechtsrat nun völlig polarisiert wird, dass sogar Blockaden drohen, wie sie den UNO-Sicherheitsrat seit Jahren lähmen.
Bei Schlüsselfragen weit auseinander
Offenkundig ist: Die Positionen zwischen den Europäern und den USA einerseits und China, Russland und anderen autoritären Regimen andererseits, liegen in fast allen Schlüsselfragen weit auseinander.
Ob es um den Militärputsch und die Repression in Burma geht, um die Aufarbeitung der Bürgerkriegsvergangenheit in Sri Lanka, um das Blutvergiessen in Syrien oder um die Missachtung des Wahlergebnisses in Belarus – die Differenzen sind gewaltig und grundsätzlich. Ganz zu schweigen von Problemen, welche die Grossmächte ganz direkt betreffen wie der Fall Alexej Nawalny in Russland oder die Unterdrückung der Uiguren in China und der Demokratiebewegung in Hongkong.
Demokratien gegen Autokratien
Der Menschenrechtsrat ist alles andere als eine «technische» UNO-Organisation, wo man sich jeweils eher noch verständigen kann auf eine gemeinsame Linie. Etwa bei der UNO-Zivilluftfahrtbehörde oder der Organisation für humanitäre Hilfe. Im Menschenrechtsrat geht es um zentrale politische und gesellschaftliche Werte.
Und hier ziehen die liberalen Demokratien einerseits und die Autokratien andererseits in gegensätzliche Richtungen. Erstere verteidigen die Menschenrechte als Rechte einzelner Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Staat. Letztere sehen in ihnen gemeinschaftliche oder gar staatliche Ansprüche wie das Recht auf Entwicklung oder auf ein solides Gesundheitswesen. Von individuellen Freiheitsrechten hält man in Peking, Moskau, Teheran, Riad oder Havanna nichts.
Damit kommt es zu klaren Fronten. Der Menschenrechtsrat steht fortan wieder voll im Scheinwerferlicht. Es wird spannend. Aber zugleich enorm schwierig.