Letzte Woche hat Donald Trump die vom Kongress beschlossenen, verschärften Russland-Sanktionen unterzeichnet: Ein präsidiales Veto wäre aussichtslos gewesen – die Parlamentarier hätten Trump einfach überstimmen können.
Der Kongress übergeht damit seinen eigenen Präsidenten in der Russland-Politik. Zähneknirschend muss Donald Trump, der aus seiner Bewunderung für den starken Mann im Kreml nie einen Hehl gemacht hat, die härtere Gangart gegen Moskau dulden.
Über Twitter distanzierte sich Trump von der Massnahme: «Unsere Beziehungen sind an einem sehr gefährlichen, historischen Tiefpunkt angelangt. Bedankt euch beim Kongress!» Diese Worte dürften in Moskau durchaus positiv aufgenommen werden, meint Andrei Zagorski vom Moskauer Staatsinstitut für Internationale Beziehungen.
Im Tauziehen mit dem Kongress seien Trump und Russland damit so etwas wie Verbündete. «Ob man daraus viel machen kann, ist aber offen.» Die Diskrepanz zwischen vollmundigen Verlautbarungen und realpolitischem Leerlauf dürfte im Kreml aber langsam für Unruhe sorgen.
Trumps «völlige Schwäche»
Zwar blies der russische Premier Dmitri Medwedew zunächst ins gleiche Horn wie Trump: «Das US-Establishment hat Trump reingelegt.» Vielsagend war allerdings eine andere Bemerkung von Medwedew: Er warf dem US-Präsidenten «völlige Schwäche» vor. Die Hoffnungen auf eine Verbesserung der Beziehungen zur US-Regierung hätten sich zerschlagen.
Es war von Anfang an klar: Was immer Trump und Putin absprechen, kann sofort vom Kongress abgeschossen werden.
Trump ist, so scheint es, in den Augen Russlands kein starker Mann mehr. In Medwedews Worten schwingt auch Enttäuschung mit, glaubt Zagorski: «Russland braucht einen starken US-Präsidenten als Partner. Jemanden, der seine Abmachungen mit Russland im Kongress durchziehen kann.» Das sei bei Trump nicht der Fall.
Illusionen habe man sich in Moskau allerdings nie gemacht, so der profunde Kenner der russischen Aussenpolitik. «Natürlich ist niemand glücklich. Aber es herrscht keine Panik. Niemand hat erwartet, dass man mit Trump und seinem Team schnell einen Weg aus der Krise findet.» Für Moskau sei immer klar gewesen, dass Trump zuerst seine Beziehung zum Kongress klären müsse, um ein handlungsfähiger Präsident zu werden.
Zumindest in Bezug auf die Russland-Politik scheint diese Handlungsfähigkeit aber nun fraglich. Dass Moskau jetzt auf Konfrontationskurs geht, glaubt Zagorski jedoch nicht. Der Kreml habe zwar mit der drastischen Reduktion von US-Personal in den diplomatischen Vertretungen in Russland «deutlich» reagiert: «Das war aber keine Kriegserklärung. (…) Ein Problem wäre aber, wenn beide Seiten eine Spirale von Massnahmen und Gegenmassnahmen in Gang setzen».
Ausser Stillhalten gebe es für den Kreml derzeit aber kaum Optionen: «Ich glaube nicht, dass Russland seine Politik gegenüber den USA weiter verschärft. Moskau wird abwarten müssen, wie sich der Streit zwischen Trump und dem Kongress regelt.» Russland werde um Schadensbegrenzung bemüht sein.
Immerhin: Die beiden Aussenminister, Sergej Lawrow und Rex Tillerson, haben sich am Wochenende auf den Philippinen getroffen. Dabei versicherten sie, im Dialog bleiben zu wollen: «Beide Seiten haben Interesse bekundet, einen Ausweg aus der Krise zu finden», sagt Zagorski.
Bei allem Säbelrasseln zwischen Kongress und Kreml sieht der Diplomatie-Experte auch ermutigende Signale: Etwa in Syrien, wo die USA bereit seien, mit Russland bei der Ausweitung der Waffenruhe zu kooperieren. Bis sich Washington auf eine kohärente Russland-Politik verständigt, dürfte es allerdings noch dauern.