Zum Inhalt springen
Video
Der Westen hat sich vom G20-Gipfel in Neu Delhi mehr erhofft
Aus Tagesschau vom 10.09.2023.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 6 Sekunden.

G20-Abschluss in Neu Delhi G20-Erklärung: Ein zweifelhafter Erfolg

Nach zähem Ringen haben es die G20-Länder doch noch geschafft, ein gemeinsames Abschluss-Communiqué zustande zu bringen – und das schon am ersten Tag des zweitägigen Gipfels. Aber was ist die Erklärung wert?

Beim strittigsten Thema, dem Ukraine-Krieg, ist nur der kleinste gemeinsame Nenner zustande gekommen. Aber der hat den Gipfel gerettet. So wird Russland in der Abschlusserklärung nicht mehr von den meisten Mitgliedern für den Angriffskrieg in der Ukraine verantwortlich gemacht – ein klarer Rückschritt im Vergleich zum G20-Gipfel in Bali vor einem Jahr.

Stattdessen heisst es in Delhi allgemein: Alle Staaten müssten davon absehen, die territoriale Integrität eines anderen Landes zu verletzen und Gewalt anzuwenden, entsprechend der UNO-Charta. Mit dieser Formulierung können auch Russland und China leben, die eine gemeinsame Abschlusserklärung lange blockiert hatten.

Kontroverse Abschlusserklärung als Erfolg

Auch bei anderen strittigen Themen, wie dem Kampf gegen den Klimawandel, ist nur eine Minimal-Einigung zustande gekommen. Zwar versprechen die G20, sich zu bemühen, die weltweiten Kapazitäten für erneuerbare Energien zu verdreifachen; aber eine klare Zielvorgabe, bis wann das erreicht werden soll – die sich der Westen gewünscht hatte – fehlt.   

Trotz aller Unverbindlichkeit wird der Gipfel als Erfolg gewertet. Schon deshalb, weil trotz grosser Differenzen überhaupt eine gemeinsame Abschlusserklärung zustande gekommen ist.

Die G20 sind schon lange nicht mehr, was sie nach der Finanzkrise 2008 waren: ein gemischtes Team mit der gemeinsamen Mission, die Welt nach der Pleite der US-Bank Lehman vor dem Absturz zu bewahren. Gemeinsam beschlossen die G20 damals unter anderem strengere Regeln für die Finanzbranche.

Keine gemeinsamen Interessen mehr

Solche konkreten Beschlüsse sind heute kaum mehr vorstellbar: Die Interessen der Länder bei grossen Themen wie dem Kampf gegen den Klimawandel, der hohen Verschuldung, hohen Energie- und Lebensmittelpreisen sind zu unterschiedlich. Der Wille, etwas gemeinsam auf den Weg zu bringen, zu klein.

Das ist auch ein Ergebnis einer veränderten Weltordnung, in der die USA nicht mehr allein tonangebende Supermacht sind und Schwellenländer wie China zu Konkurrenten herangewachsen sind, die ihre Interessen selbstbewusst vertreten – und globale Beschlüsse notfalls blockieren.

Der grösste Gewinner des G20-Gipfels in Delhi dürfte Gastgeber Narendra Modi sein. Der indische Premierminister hat die Zeit der indischen G20-Präsidentschaft geschickt genutzt, um sich selbst im Ausland als Staatsmann einer aufsteigenden Grossmacht zu präsentieren.

Die G20-Präsidentschaft verschaffte ihm aber auch im Inland, wie erhofft, steigende Bekanntheit. Die gemeinsame Abschlusserklärung verkauft Modi auch als eigenen Erfolg. Sie dürfte ihm bei der erhofften Wiederwahl im nächsten Jahr helfen.

Maren Peters

Südasien-Korrespondentin

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Maren Peters ist seit September 2022 Südasien-Korrespondentin für Radio SRF und berichtet von Indien aus über Afghanistan, Pakistan, Bangladesch, Sri Lanka, Nepal, Bhutan und die Malediven. Zuvor war sie Wirtschaftsredaktorin bei Radio SRF. Dabei beschäftigte sie sich insbesondere mit internationaler Wirtschafts- und Entwicklungspolitik sowie Nachhaltigkeits- und Rohstofffragen.

SRF 4 News, 09.09.2023, 13:30 Uhr

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel