Es geht um gigantische Summen: Die G7-Staaten wollen bis 2027 insgesamt 600 Milliarden US-Dollar in Entwicklungs- und Schwellenländer investieren. Dahinter ist unschwer ein Gegenprojekt zur chinesischen Initiative einer «neuen Seidenstrasse» zu erkennen.
Von einem riesigen Infrastrukturprogramm war bereits auf dem G7-Gipfel im vorigen Jahr in Cornwall die Rede. Doch zentrale Fragen – Umfang, Inhalt, Finanzierung – blieben damals gänzlich unbeantwortet. Inzwischen haben die G7-Staaten ihre Hausaufgaben gemacht. Das Programm nimmt Formen an. «Die Siebner-Gruppe», so Italiens Regierungschef Mario Draghi, «ist der wichtigste Financier von Investitionsprojekten in Entwicklungsländern.»
Zwar nennt niemand ausdrücklich Chinas neue Seidenstrasse von 2013. Doch letztlich geht es genau darum, diesem ebenfalls mehrere hundert Milliarden US-Dollar teuren Projekt und Pekings wachsendem Einfluss im globalen Süden etwas entgegenzustellen. «Allerdings etwas anderes», betont US-Präsident Joe Biden, «mit mehr Transparenz, echter Partnerschaft und Rücksicht auf Werktätige und die Umwelt».
Weitere Geldgeber gesucht
Nach westlicher Lesart treibt Pekings Initiative arme Länder in die Schuldenfalle und nützt letztlich hauptsächlich China. Bei der westlichen Initiative stünden hingegen die nachhaltige Energieversorgung, der Klimaschutz und das Gesundheitswesen im Zentrum.
Als Beispiele genannt werden etwa eine grosse Impfstofffabrik in Senegal, neue Unterwasser-Datenkabel von Südostasien über Afrika, den Nahen Osten nach Europa, Solaranlagen in Angola, Gleichstellungsprojekte in der Arbeitswelt oder klimaverträgliche Transportinfrastruktur.
China macht vor, wie man Freunde gewinnt
Bezahlen wollen und können die G7-Staaten und die EU nicht allein. «Wir wollen internationale Entwicklungsbanken wie die Weltbank und vor allem private Investoren einbinden», betont der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz. Es soll nicht um Wohltätigkeit und Entwicklungshilfe im klassischen Sinn gehen – vielmehr um Vorhaben, die am Ende auch kommerziell funktionieren, also Ertrag abwerfen.
Die G7 haben erkannt: Wollen sie eine Chance haben, die Dritte Welt auf ihre Seite zu ziehen im Ukraine-Konflikt, müssen sie dessen Folgeschäden mildern und sich deutlich stärker engagieren in ärmeren Ländern. China macht vor, wie man Freunde gewinnt.