Der Westen steht zusammen. Dieses Signal soll vom Gipfeltreffen der G7-Staaten ausgehen. Und das tut es auch. So viele Beschlüsse wie diesmal wurden lange nicht mehr gefällt. Das ist auch zwei Männern zu verdanken, die an dem Spitzentreffen gar nicht teilnehmen.
Ein gemeinsamer Feind stärkt die Einheit...
Bei der Basilika San Nicola in Bari steht eine Statue des Heiligen Nikolaus. Gestiftet hat sie Russland bei einem Besuch 2003 von Staatschef Wladimir Putin. Unweit davon tagen die Staats- und Regierungschefs der G7-Länder. Putin ist also ein bisschen mit dabei – symbolisch, vor allem aber politisch.
Es gibt keinen besseren Kitt zwischen uneinigen Partnern als einen gemeinsamen Feind. Seit Russland wieder als Bedrohung des Westens gilt, sind die G7 handlungsfähiger geworden. Auf ihrem Gipfel in Apulien beschlossen sie ein riesiges Hilfspaket für die Ukraine, abgesichert durch Zinsen aus beschlagnahmten russischen Staatsvermögen. Sie einigten sich auf eine Ausweitung der Sanktionen gegen Moskau auf weitere Staaten und Firmen, nicht zuletzt chinesische, die mithelfen, Putins Kriegsmaschinerie am Laufen zu halten. Und am Rande des Gipfels vereinbarten die USA und die Ukraine gleich noch ein langfristiges Sicherheitsabkommen.
Stärker ins Visier der G7 gerät nun auch China, das zwar nicht als militärischer Feind, jedoch zunehmend als irritierender Widersacher wahrgenommen wird. Die Gruppe der bedeutendsten westlichen Wirtschaftsmächte will nun geschlossen gegen die ihrer Ansicht nach unfairen chinesischen Handelspraktiken und Dumpingpreise vorgehen.
... doch damit könnte es schon bald wieder vorbei sein
Und noch ein weiterer Problemfall ist zwar nicht physisch auf dem Gipfel präsent, jedoch dessen Geist. Jener von Donald Trump. Er hält wenig von internationaler Kooperation. Auch seinetwegen will man jetzt in der Afrika-Politik oder beim Klimaschutz voranmachen: Der Ausstieg aus der Kohle soll bis Mitte der 2030er Jahre erfolgt sein. Die nationalen Klimapläne sollen ausgebaut werden. Das ist zwar dringend nötig und passiert nach Meinung von Fachleuten und NGOs immer noch viel zu zögerlich. Doch selbstverständlich ist es nicht, nachdem vielerorts grüne Anliegen auf der Prioritätenliste der Bevölkerung abrutschten. Wie krass, zeigten die jüngsten Europawahlen.
Etliche Gipfelbeschlüsse sind unübersehbar vom Willen geprägt, noch manches ins Trockene zu bringen, was nicht mehr ginge, falls Trump in Weisse Haus zurückkehrt. Dazu kommt: Einzig Gipfelgastgeberin Giorgia Meloni sitzt fest im Sattel. Die sechs männlichen G7-Mitglieder stehen innenpolitisch auf dünnem Eis. Gleich mehrere könnten beim Gipfel im nächsten Jahr nicht mehr dabei sein.
Der Schatten von Putin und der von Trump prägt also den Apulien-Gipfel. Er lässt die Siebnerrunde zusammenrücken. Die G7 sind derzeit unter den grossen internationalen Gruppierungen die entscheidungsstärkste. In der Uno sind Schlüsselgremien gelähmt. Die G20 wiederum, zu denen auch China, Indien, Brasilien, Russland und andere gehören, sind zwar breiter aufgestellt als die G7. Doch wegen der aktuellen geopolitischen Abgründe zwischen Demokratien und Diktaturen sind sie blockiert. Und die Brics, die jüngere und von China dominierte Gruppe der Schwellenländer, scheint unfähig oder unwillig, Antworten zu liefern auf die grossen globalen Herausforderungen: Klima, Kriege, Pandemien oder Migration.
Bleiben also die G7 – sie sind in bemerkenswert guter Form. Jedenfalls für den Moment.