Innerhalb weniger Tage hat die Ukraine im Nordosten des Landes rund 6000 Quadratkilometer zurückerobert (Stand 13. September) – ein Territorium, das etwa der Grösse des Kantons Bern oder einer Million Fussballfeldern entspricht.
Zum Vergleich: Die russischen Truppen benötigten fünf Monate, um im Donbass 5000 Quadratkilometer unter ihre Kontrolle zu bringen. Wie schnell der Vorstoss der ukrainischen Armee gelang, zeigt die Entwicklung des Frontverlaufs auf den folgenden Karten.
Ukrainische Gegenoffensive bei Balaklija
Am 6. September startet die ukrainische Armee auf 20 bis 30 Kilometern Breite ihren Angriff auf Balaklija. Die überraschende Offensive gilt dem schwächsten Punkt der russischen Stellungen. Die Stadt, die vor dem Krieg 27'000 Einwohnerinnen und Einwohner hatte, liegt zwischen Charkiw und dem russisch-besetzten Isjum, einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt für den russischen Nachschub. Es gebe «gute Nachrichten aus der Region Charkiw», sagt der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski am 7. September in seiner Videoansprache.
Seit dem 29. August, hatte die Ukraine zudem ihre Gegenoffensive in der südlichen Region um Cherson begonnen. Dem britischen Militärgeheimdienst zufolge entstehen Russland dadurch logistische Engpässe, der Angriff kommt taktisch unerwartet.
Fortschritte bis zum 8. September
Laut Präsident Selenski sind am 8. September seit dem 1. September mehr als 1000 Quadratkilometer zurückerobert worden. Zudem haben die ukrainischen Truppen im Rahmen der Gegenoffensive Dutzende Siedlungen eingenommen. Die wichtige Stadt Balaklija ist wieder komplett in ukrainischer Hand.
Grosse Gebiete wieder in ukrainischer Hand
Die Ukraine erobert das strategisch wichtige Kupjansk zurück. Die Stadt ist wegen des direkten Bahnanschlusses an Russland als Verkehrsknotenpunkt wichtig für die Versorgung der russischen Truppen um das südwestlich gelegene Isjum.
Der Militärgouverneur des ostukrainischen Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj, berichtet derweil, die eigenen Truppen seien auch dort auf dem Vormarsch und bereits vor Lissitschansk. Die Stadt war im Juli als letzte grössere Stadt von Luhansk von der russischen Armee erobert worden.
Mit ihrer Gegenoffensive überrumpeln die ukrainischen Truppen nach britischen Informationen die russischen Kräfte. Die ukrainischen Speerspitzen stiessen auf enger Front bis zu 50 Kilometer weit in bisher russisch besetztes Gebiet vor, so das britische Verteidigungsministerium.
Russische Truppen ziehen sich zurück
Die Stadt Isjum ist nun ebenfalls in ukrainischer Hand. Sechseinhalb Monate nach dem Einmarsch in die Ukraine lässt Moskau seine Einheiten einen Grossteil der Region Charkiw räumen. Russland bezeichnet den Rückzug als «Umgruppierung», um die Einheiten im Donezker Gebiet zu verstärken.
Mit ihrer Gegenoffensive hat die Ukraine laut US-Experten innerhalb von fünf Tagen mehr Gelände zurückgewonnen als die russischen Truppen seit April besetzt haben. «Die Befreiung von Isjum wird der grösste militärische Erfolg der Ukraine seit dem Sieg in der Schlacht vor Kiew im März», urteilt das Institute for the Study of the War (ISW). Damit sei der von Russland geplante Vormarsch auf den Donbass von Norden her gescheitert, meinen die Experten.
mit Agenturen